Die Al­ters­vor­sor­ge muss sta­bi­li­siert und nach­hal­tig aus­ge­stal­tet wer­den

Fokus13. Januar 2023

Die Reform der Altersvorsorge ist zentral für die Zukunft der Schweiz. AHV und BVG müssen in einem ersten Schritt finanziell stabilisiert und in einem zweiten Schritt nachhaltig ausgestaltet werden.

Die Altersvorsorge steht vor grossen Herausforderungen: Die Lebenserwartung steigt, der Nachwuchs fehlt und die Anlagerenditen sinken. Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass die Renten aus der staatlichen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV, erste Säule) und der beruflichen Vorsorge (BVG, zweite Säule) immer länger ausbezahlt werden. In der AHV sinkt zudem die Zahl der Beitragszahler pro Rentenbezüger laufend, was zu rasch wachsenden Defiziten führt. Im BVG wiederum erfolgt eine massive systemfremde Umverteilung von den Berufstätigen zu den Rentenbezügerinnen und -bezügern, weil der Umwandlungssatz viel zu hoch ist und die Anlagerenditen gesunken sind. Die Kapitalanlagen werden seit mehreren Jahren geprägt durch anhaltend rekordtiefe bzw. negative Zinsen. Es ist auch weiterhin von sinkenden Anlagerenditen auszugehen, womit sich der Druck auf der Beitragsseite zusätzlich erhöht.

Stabilisierung der Altersvorsorge

Nach dem «Ja» des Stimmvolks zur Steuer-AHV-Reform (STAF) vom Mai 2019 und demjenigen zur Stabilisierung der AHV («AHV 21») vom September 2022 steht die Reform der beruflichen Vorsorge im Vordergrund. Am 25. November 2020 hat der Bundesrat die Botschaft zur Reform der beruflichen Vorsorge («BVG 21») an das Parlament überwiesen. Der Nationalrat hat die Reform in der Wintersession 2021 mit diversen Änderungen gutgeheissen, der Ständerat in der Wintersession 2022. Aktuell befindet sich das Geschäft in der Differenzbereinigung.

Für den SVV ist die Reform der beruflichen Vorsorge zwingend und dringend. Auslöser sind primär die demographischen Veränderungen, die Anpassungsbedarf nach sich ziehen. Weder die Inflation noch die allgemeine konjunkturelle Entwicklung lösen das Problem des zu hohen BVG-Umwandlungssatzes. Der durch die gestiegene Lebenserwartung bedingte Anpassungsbedarf des Umwandlungssatzes bleibt unabhängig davon bestehen. Die Reform muss deshalb möglichst rasch abgeschlossen werden. Dabei soll die berufliche Vorsorge nicht nur stabilisiert, sondern so weit als möglich auch gleichzeitig modernisiert werden.

Massnahmen zur Stabilisierung der beruflichen Vorsorge

Dazu sind folgende Massnahmen erforderlich:

  • Senkung des Umwandlungssatzes auf 6,0 Prozent in einem Schritt
  • Einführung eines Beitrags zur Finanzierung des Ausgleichs von Rentenumwandlungsverlusten
  • kurz-/mittelfristige sowie langfristige Kompensation der Umwandlungssatzsenkung

Derweil die Senkung des Umwandlungssatzes auf 6,0 Prozent in einem Schritt und die Einführung eines Beitrags zur Finanzierung des Ausgleichs von Rentenumwandlungsverlusten bereits beschlossen sind, werden die Kompensationsmassnahmen im Rahmen der Differenzbereinigung intensiv diskutiert.

Aus Sicht des SVV ist die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes durch die Verstärkung des Sparprozesses (mit langfristiger Wirkung) und durch eine geeignete Massnahme für die Übergangsgeneration (mit kurz- bis mittelfristiger Wirkung) zu kompensieren. Die Verstärkung des Sparprozesses durch Reduktion des Koordinationsabzugs und Anpassung der Altersgutschriften ist so umzusetzen, dass die bisherigen Altersleistungen trotz tieferem Umwandlungssatz erhalten bleiben. Der kleinere Koordinationsabzug führt – insbesondere in Verbindung mit einer tieferen Eintrittsschwelle – zu einer besseren Versicherung tieferer Einkommen, und eine flachere Staffelung der Altersgutschriften führt zu einer Besserstellung älterer Arbeitnehmender auf dem Arbeitsmarkt. Mit einer nach diesen Grundsätzen ausgestalteten Verstärkung des Sparprozesses wird auch die anzustrebende Modernisierung der beruflichen Vorsorge erreicht.

Die Massnahme für die Übergangsgeneration muss systemkonform ausgestaltet sein (d. h. auf Einlagen in das Altersguthaben basieren), leistungsseitig weit genug gehen und kostenseitig tragbar bleiben

Nachhaltige Ausgestaltung der Altersvorsorge

Nach der Stabilisierung und Modernisierung von AHV und BVG sind in einem zweiten Schritt Anpassungen im Sinne der nachhaltigen Ausgestaltung unumgänglich. Eine nachhaltige und damit langfristig sichere Ausgestaltung bzw. Finanzierung der Altersvorsorge setzt voraus, dass die Parameter (Referenzrücktrittsalter, BVG-Umwandlungssatz, BVG-Mindestzinssatz) den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend festgelegt werden. Der SVV unterstützt deshalb Vorstösse zur Anbindung dieser Parameter an die reale Entwicklung.

Akzeptable Rahmenbedingungen für die Kollektivlebensversicherung

Mit Blick auf die Kollektivlebensversicherung (d.h. auf Verträge zwischen Vorsorgeeinrichtungen und Lebensversicherern) ist zu beachten, dass der Schweizer Solvenztest (SST) die Anforderungen an die Bildung und Erhaltung des Solvenzkapitals massiv verschärft hat. Die zu hohen Kapitalanforderungen führen dazu, dass Garantieleistungen und Risikoabsicherungen zu teuer werden und deshalb nicht mehr oder nur noch eingeschränkt angeboten werden können. Wer den entsprechenden Risiken ausgesetzt ist, kann sich nicht mehr bedarfsgerecht absichern – oder die Risiken müssen vom Staat getragen werden. Das steht in direktem Widerspruch zur bisherigen und in der Gesellschaft breit abgestützten Ausgestaltung der beruflichen (und privaten) Vorsorge. Eine weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen wäre nicht tragbar, weshalb im Rahmen der BVG-Revision auf zusätzliche Restriktionen für die Kollektivlebensversicherung zu verzichten ist.

Die privaten Lebensversicherer verwalten rund einen Siebtel aller Vorsorgegelder, versichern fast die Hälfte aller aktiven Versicherten (inklusive rein Risikoversicherte) und bedienen über einen Fünftel der Rentenbezügerinnen und -bezüger (Quellen: BFS, Pensionskassenstatistik 2021; Finma, Daten zur Betriebsrechnung berufliche Vorsorge 2021).

Funktionierender Wettbewerb zugunsten der KMU

Die Lebensversicherer bieten den KMU eine umfassende Angebotspalette. Sie stehen im Wettbewerb untereinander und mit anderen Vorsorgeanbietern. Der Wettbewerb funktioniert. Er zeigt sich u. a. in unterschiedlichen Kapitalerträgen, Risikoprämien und Überschüssen.

Strategie 2020–2024 | Vorsorge

Auch in Zukunft zeigen Kompetenz, Erfahrung und der volkswirtschaftliche Beitrag in der Vorsorge die Schlüsselrolle der Privat- und Krankenzusatzversicherer auf. Der SVV ist bestrebt, diese Attribute der Branche zu unterstreichen.

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