Ver­si­che­rer über­neh­men Ri­si­ken zu­guns­ten der Ge­sell­schaft

16. Juni 2022

Der durch die Menschen verursachte Klimawandel zeigt sich anhand vieler Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt. Dies bestätigt auch der im Sommer 2021 publizierte 6. Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), welcher das publizierte Wissen zum Weltklima zusammenfasst.

Die Forschungsergebnisse legen offen, dass die globale Oberflächentemperatur seit der Periode 1850–1900 um 1,09°C zugenommen hat. Der Anstieg über der Landoberfläche beträgt sogar 1,59°C. Auch die global gemittelten Niederschläge über Land haben in dieser Zeitperiode zugelegt. Dazu kommen vermehrte und intensivere Starkniederschlagsereignisse über den meisten Landflächen. Auch Dürren und Hitzewellen sind häufiger zu beobachten.

Der Bericht legt zudem dar, dass mit jedem weiteren Anstieg der globalen Erwärmung die extremen Vorkommnisse grösser werden dürften. Manche Extremereignisse, die in den Beobachtungsdaten noch nie verzeichnet wurden, werden gemäss Expertenbericht bei zunehmender globaler Erwärmung häufiger auftreten.

Bei allen untersuchten Klimaszenarien ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft Starkniederschlagsereignisse in den meisten Regionen intensiver und häufiger auftreten werden. Insbesondere in Städten werden mehr Hitzeextreme erwartet.

Aus naturwissenschaftlicher Sicht erfordert die Begrenzung der von den Menschen verursachten globalen Erwärmung eine Begrenzung der CO2-Emmissionen. Diese müssen auf mindestens Netto-Null reduziert werden, zusammen mit einer starken Verringerung der übrigen Treibhausgase.

Klimawandel in der Schweiz

Die Schweiz ist als Alpenland dem Klimawandel und den damit verbundenen Risiken besonders stark ausgesetzt. Die Auswirkungen des Klimawandels auf unser Land werden im Bericht «Klimawandel in der Schweiz» vom Bundesamt für Umwelt beschrieben.

Die mittlere Jahrestemperatur in der Schweiz ist seit 1864 um 2°C gestiegen. Gegenüber 1901 sind Starkniederschläge heute um 12 Prozent intensiver und um 30 Prozent häufiger geworden. Damit steigt auch das Potenzial für unkontrollierten Oberflächenabfluss, Überschwemmungen, Murgänge und Erdrutsche und für dadurch ausgelöste Sachschäden.

Die Privatversicherer und die Kantonalen Gebäudeversicherungen schätzen, dass sich die versicherten Schäden in der Schweiz aus dem Unwettersommer 2021 auf rund 2 Milliarden Franken belaufen. Für die Privatassekuranz, die rund die Hälfte dieser Summe trägt, ist dies die grösste Schadensumme seit dem Hochwasser im Jahr 2005. Die Gesamtschadensumme bewegt sich in einem ähnlichen Bereich. Neben der Gebäude- und Hausratsversicherung war durch den starken Hagel insbesondere die Motorfahrzeugversicherung betroffen.

Um sich gegen die Risiken des Klimawandels vorzusehen, müssen Massnahmen zum Schutz vor extremen Naturereignissen ergriffen werden. Aktuell ist der Anstieg der jährlichen Schadenkosten noch nicht so stark wie die Zunahme der Bevölkerung, der überbauten Fläche und der Sachgüter. Das ist vermutlich auch auf die Wirksamkeit der präventiv getroffenen Schutzmassnahmen zurückzuführen, die während der heftigen Unwetter im Sommer 2021 eine positive Bestätigung erfuhren.

Elementarschadenversicherung

Die Elementargefahren Hagel, Hochwasser und Sturm haben im Juni und Juli 2021 in verschiedenen Regionen grosse Schäden angerichtet. Während in manchen Regionen wie im luzernischen Wolhusen ganze Quartiere durch die Hagelschläge verwüstet wurden, waren andere Gebiete mehr durch Gewässer betroffen, die über die Ufer traten.

Dass die Schäden nicht noch grösser ausgefallen sind, ist insbesondere auf die Hochwasserschutzmassnahmen zurückzuführen, die seit 2005 umgesetzt wurden. Derweil bauliche Schutzmassnahmen das Wasser in Seen und aus Flüssen gezielt geführt und abgefangen haben, konnte andernorts mit mobilen Schutzmassnahmen Schlimmeres verhindert werden. Auch der gute Informationsfluss und das effiziente Handeln der Einsatzkräfte trugen zur Entschärfung der Lage bei.

«Dank dem doppelten Solidaritätsprinzip funktioniert der Elementarschaden-Pool schon seit Jahrzehnten. Dieses Prinzip müssten wir auch für andere Grossrisiken anwenden.»

Michèle Rodoni, CEO, die Mobiliar

Mit einer Versicherungsabdeckung von deutlich über 90 Prozent in der Elementarschadenversicherung ist die Schweiz sehr gut gerüstet, um die finanziellen Folgen von Extremereignissen zu bewältigen. 

Die Lösung über den Schweizer Elementarschaden-Pool hat sich im vergangenen Sommer bei den heftigen Unwettern abermals bewährt. Es zeigt sich, dass der Bund, die Kantone und die Schweizer Privatassekuranz die richtigen Vorbereitungen treffen, um den Auswirkungen des Klimawandels möglichst gut begegnen zu können.

Bewährtes duales Versicherungssystem

Im Gegensatz zu Nachbarländern wie Deutschland sind in der Schweiz Elementarschäden nahezu vollständig versichert. Die Schweiz stützt sich dabei auf ein duales Versicherungssystem, in dem die Kantonalen Gebäudeversicherung Gebäude in 19 Kantonen versichern, derweil in den übrigen sieben Kantonen die Gebäude durch die Privatversicherer gedeckt sind. Auch für die Versicherung von Fahrhabe und Motorfahrzeugen sind mit wenigen Ausnahmen die Privatversicherungen zuständig. 

Mit einem weitgehenden Obligatorium wird sichergestellt, dass möglichst viele Personen vom Versicherungsschutz profitieren – und die Prämien bezahlbar bleiben. Ein wichtiger Aspekt bildet dabei der Solidaritätsgedanke: Alle durch die Privatassekuranz versicherten Gebäude verfügen unabhängig von der Risikolage über den gleichen Prämiensatz. 

Auch zwischen den Privatversicherungen lebt diese Solidarität: Mit dem Elementarschaden-Pool wird die Schadenlast zwischen den Versicherern aufgeteilt. Die Akzeptanz der doppelten Solidarität basiert auf einem hohen Risikobewusstsein, das erst durch die schmerzlichen Erfahrungen von Grossereignissen, etwa im Lawinenwinter 1950/51, geschaffen wurde.

Am Erfolgsmodell der Elementarschadenversicherung zeigt sich, dass gemeinsame Lösungen von Staat und Versicherungswirtschaft funktionieren können – und zwar so gut, dass das Schweizer Modell auch im Ausland immer wieder als Vorbild herangezogen wird.