Ma­nage­ment Sum­ma­ry

16. Juni 2022

Die Nachhaltigkeit ist den Schweizer Privatversicherern wichtig. Anfang 2020 hat der Schweizerische Versicherungsverband SVV in seiner Strategie 2020–2024 «Nachhaltigkeit» zum Schwerpunkt erhoben. Im vergangenen Jahr wurden in zahlreichen Verbandsgremien Massnahmen entwickelt, um die strategische Umsetzung zu begleiten und die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu unterstützen.

Zum dritten Mal informiert der SVV mit seinem Nachhaltigkeitsreport über die Entwicklung und Prioritäten der Versicherungsbranche in der Umsetzung dieses für die gesamte Gesellschaft wichtigen Themas. Die publizierten Informationen und Zahlen zu ökologischen, sozialen und finanziellen Aspekten zeigen sowohl Weiterentwicklungen als auch Herausforderungen auf, vor denen die Schweizer Versicherer stehen.

Als Grundlage für die Erstellung des Reports 2021 wurden neben Umfragedaten bei den Versicherungsgesellschaften auch Interviews mit Branchenexpertinnen und -experten herangezogen. Erstmals ist dem Nachhaltigkeitsreport zudem ein strukturierter Dialog mit Stakeholdern aus Politik, Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen, Mitgliedunternehmen und weiteren Interessengruppen vorausgegangen, dessen Ergebnisse eingeflossen sind.

 

Volkswirtschaftliche Bedeutung der Versicherer

Das Jahr 2021 war für die Privatversicherer und den SVV in vielerlei Hinsicht ereignisreich. Der von Menschen verursachte Klimawandel zeigt sich anhand vieler Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt. Die Schweiz war mit dem Unwettersommer, der versicherte Schäden von über zwei Milliarden Franken verursachte, ebenfalls stark betroffen. Dank dem bewährten dualen Versicherungssystem im Elementarschadenbereich konnte das finanzielle Schadenausmass für die Gesellschaft begrenzt werden, da – anders als in anderen Ländern – über 90 Prozent der Schäden versichert waren und der Staatshaushalt geschont wurde.

Durch die Übernahme finanzieller Risiken und die Initiierung von Präventionsmassnahmen leistet die Schweizer Versicherungswirtschaft einen wichtigen gesamtwirtschaftlichen Beitrag.

Dieses Einzelereignis zeigt eindrücklich die volkswirtschaftliche Bedeutung von Versicherungen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsrisiken und dem Klimawandel. Denn durch die Übernahme finanzieller Risiken und die Initiierung von Präventionsmassnahmen leistet die Schweizer Versicherungswirtschaft einen wichtigen gesamtwirtschaftlichen Beitrag.

 

Zurückhaltende Regulierung

«So viel Regulierung wie nötig, so wenig wie möglich». Dieser Grundsatz gilt aus Sicht des SVV im Bereich der Nachhaltigkeit im Besonderen. Zur Zielerreichung der Nachhaltigkeitsbestrebungen ist daher das mildeste Regulierungsmittel einzusetzen. Es ist dabei festzuhalten, dass der Klimawandel nicht per se ein neues Risiko, sondern vielmehr ein zusätzlicher Risikotreiber ist, der sich auf bestehende Risikokategorien auswirkt. Die Folgen des Klimawandels sind entsprechend in den bestehenden regulatorischen Kapitalanforderungen bereits vollständig abgebildet.

«So viel Regulierung wie nötig, so wenig wie möglich».

Die Versicherer sind somit trotz der Auswirkungen des Klimawandels aus finanzieller Perspektive und Risikomanagementsicht bestens aufgestellt, um ihre Rolle als Risikoträger der Gesellschaft wahrzunehmen. Internationale Standards zur Transparenz gewinnen zunehmend an Bedeutung, da internationale Regelwerke wie die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) vermehrt 1:1 in nationale Gesetze überführt werden.

Der SVV bekennt sich – auch mit diesem Nachhaltigkeitsreport – zur Transparenz, erwartet jedoch, dass kein Swiss Finish mit einer Verschärfung der Anforderungen betrieben wird. Ebenso ist anzuerkennen, dass die Transparenzbestrebungen der gesamten Finanzbranche in direkter Abhängigkeit zu jener der Realwirtschaft stehen.

Im Rahmen des Underwritings – der Übernahme finanzieller Risiken, dem Kerngeschäft der Versicherer – stellt sich die Frage, wie mit der Übernahme von Nachhaltigkeitsrisiken umzugehen ist. Welche Risiken, beispielsweise Folgen des Klimawandels, werden übernommen? Und welche werden systematisch ausgeschlossen?

Innerhalb der Risikoprüfung wird durch die Versicherer eine Bewertung des konkret vorliegenden Risikos vorgenommen. Bislang konzentrierte sich diese Prüfung hauptsächlich auf die Tragbarkeit aus Sicht des jeweiligen Versicherers. Zunehmend werden diese Einschätzungen um die Möglichkeit von Risikoveränderungen im Laufe der Geschäftsbeziehung wie auch von Reputationsrisiken ergänzt. Dazu erstellen einzelne Versicherer für ihre Mitarbeitenden Underwriting-Guidelines, um einen auf die Unternehmensstrategie abgestimmten einheitlichen Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken zu gewährleisten.

 

Starke Hebelwirkung der Kapitalanlagen

Neben dem Underwriting verfügen die Versicherer mit ihren Kapitalanlagen über einen starken Hebel zur Förderung von Nachhaltigkeit. Im Jahr 2021 waren 80 Prozent der Kapitalanlagen, die die Gesellschaften dem SVV rapportierten, an Nachhaltigkeitskriterien geknüpft. Ansätze wie die ESG-Integration, Ausschlüsse, die Wahrnehmung des Stimmrechts oder Impact Investment gehören mittlerweile zum weitverbreiteten Standard.

Im Jahr 2021waren 80 Prozent der Kapitalanlagen, die die Gesellschaften dem SVV rapportierten, an Nachhaltigkeitskriterien geknüpft.

Bei den eigenen Geschäftsprozessen verfügen viele Versicherer über langjährige Erfahrung mit dem betrieblichen Umweltschutz. Die Überwachung und Verbesserung des eigenen ökologischen Fussabdruckes geniessen einen hohen Stellenwert.

Auch im Jahr 2021 waren der Gebäudeenergieverbrauch und der Geschäftsverkehr die Haupttreiber der betrieblichen Ökobilanz. In den vergangenen drei Jahren wurde der CO2-Fussabruck pro Vollzeitstelle über die gesamte Branche hinweg um 16 Prozent reduziert, wobei die Coronapandemie und der damit verbundene Homeofficezwang einen starken Einfluss auf den Rückgang hatten. Die Anzahl der Unternehmen, die öffentlich Bericht zu ihrer Emissionsbilanz ablegen, ist abermals gestiegen.

 

Fehlende Generationengerechtigkeit

Weiter thematisiert der Report die fehlende Generationengerechtigkeit in der beruflichen Vorsorge, ein wichtiges Element der finanziellen Nachhaltigkeit. Denn diese wirkt sich nicht nur langfristig negativ für die kommenden Generationen aus, sondern ist aufgrund der unumgänglichen Korrekturmassnahmen der Lebensversicherer in Form von nicht verfügbaren oder komplexeren Lösungsangeboten auch kurzfristig für die heutigen Versicherten spürbar.

Im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit hat die Branche weitere Projekte umgesetzt, die die Arbeitgeberattraktivität langfristig stärken und die Nachwuchsförderung vorantreiben sollen.

Die Begrenzung des Klimawandels mit seinen negativen Auswirkungen bedingt ein abgestimmtes Zusammenspiel sämtlicher involvierter Akteure.

Um den Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu bestreiten sowie die gesetzten Ziele umzusetzen und zu erreichen, arbeiten sowohl die Privatversicherer als auch der SVV mit verschiedenen Akteuren und Institutionen zusammen und beteiligen sich als Mitglieder bei Initiativen oder Allianzen wie zum Beispiel der Net-Zero Asset Owner Alliance. Denn eines ist klar: Die Begrenzung des Klimawandels mit seinen negativen Auswirkungen bedingt ein abgestimmtes Zusammenspiel sämtlicher involvierter Akteure.