Die gros­sen Ri­si­ken

01. Juni 2022

Unwettersommer fordert Assekuranz

Der Unwettersommer 2021 führte in der Schweiz zu versicherten Schäden von rund zwei Milliarden Franken. Umfassenden Präventionsmassnahmen ist es zu verdanken, dass die Schadensumme nicht noch viel höher ausgefallen ist.

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Bessere Hagelbewältigung dank neuer Karten

Immer wieder sorgen Hagelgewitter für grosse Schäden an Fahrzeugen, Gebäuden oder in der Landwirtschaft. Mithilfe einer neuen Hagelkarte lässt sich ermitteln, wo in Zukunft mit Ereignissen zu rechnen ist – und wie stark diese ausfallen können.

Hagelstürme verursachen jedes Jahr Schäden in Millionenhöhe. Für Betroffene aus der Land­ und Forstwirtschaft, dem Versicherungs-­ und Bauwesen sowie den Einsatzorganen der Feuerwehr und des Zivilschutzes besteht deshalb seit Längerem das Bedürfnis nach einer einheitlichen Grundlage zur Beurteilung der Hagelgefährdung. Zwar gab es in der Vergangenheit schon Hagelkarten – «diese beruhten jedoch auf unterschiedlichen Methoden und zeigten zum Teil grosse Unterschiede», sagt Luzius Thomi, Leiter Geoanalyse & Naturrisiken der Mobiliar. Ein Grund: «Hagel ist ein kleinräumiges Wetterphänomen und daher schwer zu messen.»

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«Die neue Hagelkarte katapultiert die Schweiz an die weltweite Spitze bei der Hagelbewältigung»: Luzius Thomi.

40'000 Hagelereignisse ausgewertet

Mit der 2021 lancierten Hagelkarte gelang der Schweiz nun ein grosser Sprung nach vorne. Neu lässt sich zum Beispiel eruieren, wie oft und wo es hagelt – und wie gross die Hagelkörner in einer bestimmten Region werden können. Für die Erstellung der neuen Hagelkarte wurden die Messungen von 40'000 Hagelereignissen aus dem Radarmessnetz ausgewertet. Zudem wurden die Ereignismeldungen aus der App von MeteoSchweiz sowie aus einem Messnetz von 80 automatischen Hagelsensoren herangezogen. Letztere wurden 2018 in besonders hagelintensiven Regionen wie dem Entlebuch oder dem Emmental installiert. Die Mobiliar unterstützte das Vorhaben mit einer Million Franken. «Als Versicherungsunternehmen haben wir ein grundlegendes Interesse daran, möglichst umfassende Informationen über potenzielle Schadenereignisse zu sammeln», begründet Luzius Thomi den Entscheid.
 

Auch die Versicherungen profitieren

Die Hagelkarte setzt aber nicht nur auf digitale Sensoren, sondern auch auf die Unterstützung der Bevölkerung: Mithilfe von Daten aus der «Crowd» sollen künftige Ereignisse noch umfassender und detaillierter erfasst werden. In den vergangenen sechs Jahren seien dadurch über die App von MeteoSchweiz schon über 150’000 Meldungen aus der Bevölkerung eingegangen – an Spitzentagen sind es 10'000 und mehr. «Die neue Hagelkarte wird laufend aktualisiert und steht allen Interessierten frei zur Verfügung», betont Thomi.

Für Luzius Thomi steht fest: «Die neue Hagelkarte katapultiert die Schweiz an die weltweite Spitze bei der Hagelbewältigung.» Von den neuen Möglichkeiten würden insbesondere auch die Versicherungen profitieren. «Die neuen Hilfsmittel bieten den Versicherungen eine Grundlage, um abschätzen zu können, welche Schutzmassnahmen getroffen werden sollten. Die Kombination aus Wetterradardaten, Beobachtungen aus der Bevölkerung, Hagelschäden an Fahrzeugen und Daten der automatischen Hagelsensoren ist neu und weltweit einzigartig.»

Cyberattacken: «Die Risikolage verändert sich laufend»

Immer mehr Unternehmen werden Opfer von Cyberattacken. Cyberexperte René Buff von Helvetia erklärt, wo aktuell die grössten Gefahren lauern – und welche Entwicklungen sich diesbezüglich im Versicherungswesen abzeichnen.
 

René Buff, welches sind aktuell die grössten Bedrohungen im Bereich der Cybersicherheit?

Im Moment sehen wir die grösste Bedrohung im Bereich von Ransom­ware­-Attacken auf Unternehmen. In den vergangenen 12 bis 18 Monaten war eine deutliche Zunahme von solchen Angriffen feststellbar.
 

Wie laufen solche Attacken ab?

Bei einem Ransomware­-Angriff dringen Hacker in das IT­-System des Unternehmens ein und verschlüsseln die Daten. Dadurch können Betriebsunterbrechungen von mehreren Wochen entstehen. Oft werden bei solchen Angriffen gleichzeitig auch sensible Daten gestohlen und die Angreifer drohen mit deren Veröffentlichung. Ist das System einmal verschlüsselt, werden die Unternehmen von den Hackern mit Lösegeldforderungen erpresst.

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«Die grösste Gefahrenquelle ist der Mensch vor dem Computer»: René Buff.

Welche weiteren Gefahren stellen Sie fest?

In den vergangenen Monaten haben sogenannte DDoS-Angriffe (Distributed Denial of Service) zugenommen. Bei diesen Attacken wird die Website des Opfers mit einer Vielzahl von Anfragen bombardiert, was zur Folge hat, dass die User nicht mehr auf die betroffene Seite zugreifen können. Solche DDoS­-Aktivitäten wurden zum Beispiel auch im Zusammenhang mit dem Ukraine­-Konflikt vermehrt festgestellt.
 

Welche Unternehmen oder Branchen sind besonders gefährdet?  

Grundsätzlich sind alle Unternehmen potenzielle Ziele. Es ist somit weniger eine Frage der Branche, sondern eher, wie stark die Prozesse bei einem Unternehmen digitalisiert sind. Betreiber von kritischen Infrastrukturen sowie Gesundheitseinrichtungen und Finanzinstitute sind allerdings besonders gefährdet.
 

Wie reagieren die Kunden auf diese neuen Gefahren?

In letzter Zeit hat das Bewusstsein bei den Kunden deutlich zugenommen. Dies auch deshalb, weil das Thema durch teilweise spektakuläre Fälle breit in der Öffentlichkeit angekommen ist. Nach wie vor denken aber viele Unternehmen, sie seien entweder nicht interessant genug, zu lein oder schlicht nicht in einer gefährdeten Branche tätig, um in den Fokus eines Cyberangriffs zu geraten. Das ist ein Trugschluss.
 

Wo lauern die grössten Gefahrenquellen?

So banal es tönen mag, aber die grösste Gefahrenquelle ist der Mensch vor dem Computer. Immer mehr Dinge im Alltag werden online erledigt. Diese Entwicklung versuchen Betrüger auszunützen. Vielfach sind deshalb unachtsame User die grössten Einfallstore in ansonsten gut geschützte IT­-Netzwerke.
 

Wie kann man sich gegen solche Attacken schützen?

Eine kritische und vorsichtige Haltung im Umgang mit elektronischen Medien bildet eine gute Basis zur Vermeidung von Schäden. Durch regelmässige Schulungen in den Betrieben können die Mitarbeitenden entsprechend sensibilisiert werden. Weiter kann man sich dann mittels organisatorischer und technischer Massnahmen schützen; das beginnt bei einem zielgerichteten Zugriffs­ und Passwortkonzept und geht über eine entsprechende Datensicherung hin zu einer Firewall.
 

Wie gut können sich Unternehmen heute gegen Cyberattacken versichern?

Im Markt gibt es umfassende Versicherungsmöglichkeiten. Eine Versicherung sollte aber immer nur ein «Notfallschirm» sein, wenn die Sicherheitsmassnahmen nicht greifen, und als Ergänzung zu einem aktiven Cyber­-Security-­Management betrachtet werden. Aufgrund der sich stark verändernden Risikolage ist eine laufende Überprüfung und Adaptierung der Produkte und der Tarifmodelle erforderlich. Eine weitere Entwicklung in der Produktgestaltung ist die Verknüpfung mit zusätzlichen Dienstleistungen ausserhalb der Versicherungslösung – darunter fallen zum Beispiel externe Cyber­-Security-­Checks, Awareness­-Trainings für Mitarbeitende etc.
 

Welche Entwicklungen zeichnen sich im Versicherungsbereich ab?

Die weitere Marktentwicklung und Verfügbarkeit von Cyberversicherungen hängt gerade bei Kumulereignissen stark von den verfügbaren Kapazitäten ab. Wie bei Naturkatastrophen können Cyberangriffe eine Vielzahl von Geschädigten gleichzeitig treffen – weltweit! Es sind bereits Tendenzen feststellbar, dass die Kapazitäten für Versicherungslösungen eingeschränkt werden. Für grosse, meist auch international tätige Firmen wird es künftig schwieriger werden, die gewünschten Versicherungskapazitäten zu erhalten.

 

Zur Person: René Buff ist Leiter des Cyberkomitees innerhalb von Helvetia Versicherungen. Zudem ist er Mitglied der Arbeitsgruppe Cyber des Schweizerischen Versicherungsverbandes. Buff ist seit 8 Jahren bei Helvetia und seit über 30 Jahren im Versicherungswesen tätig.

Neue Schadenorganisation hilft bei Erdbeben

Erdbeben gehören zu den grössten Risiken für die Schweiz. Mit der neu gegründeten Schadenorganisation Erdbeben (SOE) sollen solche Ereignisse künftig koordiniert bewältigt werden.

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