In Kür­ze

25. August 2020

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Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen können die Wahrnehmungen und die Haltung der Bevölkerung verändern. Die jährliche Wiederholung des SVV Sicherheitsmonitors macht solche Veränderungen und Entwicklungen in der Einstellung der Bevölkerung sichtbar.

Die Mitte März durch den Bundesrat ausgerufene «ausserordentliche Lage» zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie hatte gravierende Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit in der Schweiz. Diese wirtschaftliche Unsicherheit spiegelt sich in der Wahrnehmung der Schweizer Bevölkerung. Zwar vermittelt ein Arbeitsplatz der Erwerbsbevölkerung weiterhin Sicherheit (59 Prozent). Allerdings zeigt sich im Juni 2020 eine spürbare Verunsicherung, was diesen anbelangt: Gab vor einem Jahr noch mehr als die Hälfte der Erwerbsbevölkerung an, dass sie ihre Erwerbstätigkeit als genügend gesichert einschätzt, ist es im Juni 2020 nur noch jede dritte erwerbstätige Person. Ein Viertel schätzt die konkrete Gefahr eines Arbeitsplatzverlusts in den nächsten zehn Jahren als gross ein.

Schrittweiser Übergang in den Ruhestand

Finanzielle und soziale Absicherung tragen dazu bei, dass sich die Bevölkerung sicher fühlt. Durch die demografische Alterung und die tiefen Zinsen gerät die obligatorische Altersvorsorge jedoch zunehmend in finanzielle Schieflage. Dennoch gehen nach wie vor vier von fünf Erwerbstätigen davon aus, vor oder mit dem gesetzlichen Rentenalter in Pension zu gehen, was das System weiter unter Druck setzen könnte. Anreiz für einen späteren Ruhestand könnte ihnen einerseits die Möglichkeit einer schrittweisen Reduktion des Erwerbspensums geben (53 Prozent). Andererseits schliessen auch 45 Prozent nicht aus, dass finanzieller Druck etwa infolge von Rentenkürzungen eine längere Erwerbstätigkeit erfordert.
In der Bevölkerung überwiegt die Ansicht, dass zukünftige Generationen mit tieferen Renten auskommen müssen (77 Prozent). Im Gegensatz zum Vorjahr begründen in der aktuellen Erhebung Personen, die von sinkenden Renten ausgehen, ihre pessimistische Einschätzung weniger häufig mit der Finanzierungslücke in der ersten Säule als mit der Unterfinanzierung der zweiten Säule.

Sinkender Lebensstandard aufgrund sinkender Renten

Nur jede vierte erwerbstätige Person geht davon aus, dass sie ihren Lebensstandard nach der Pensionierung halten kann. Die Einschätzung der finanziellen Perspektive und der zukünftigen Rentenentwicklung hängen dabei zusammen: Bevölkerungsgruppen mit einer eher pessimistischen Einschätzung der Rentenentwicklung, wie Frauen oder die 45- bis 64-Jährigen, rechnen tendenziell häufiger mit einem tieferen Lebensstandard im Ruhestand. Menschen mit hohen Einkommen gehen zwar eher von sinkenden Renten aus. Sie rechnen jedoch seltener mit einem tieferen Lebensstandard im Alter, wohl aufgrund einer stärker alimentierten privaten Vorsorge.

Erste Säule gibt wieder mehr Sicherheit

Die etwas positivere Einschätzung der ersten Säule in diesem Jahr zeigt sich auch darin, dass das Umlageverfahren der AHV der Bevölkerung wieder mehr Sicherheit gibt als noch 2019 (33 Prozent, +6 Prozentpunkte). Die Bevölkerung erachtet allerdings nach wie vor das Kapitaldeckungsverfahren für nachhaltiger, effizienter und sicherer als das Umlageverfahren. Die Bevölkerung präferiert deshalb häufiger das Kapitaldeckungsverfahren der zweiten Säule (36 Prozent) als das Umlageverfahren der ersten Säule (24 Prozent). Das Umlageverfahren wird aber als fairer bewertet.

Eigenverantwortung fördern

In der ersten Säule sieht die Bevölkerung vor allem die Allgemeinheit in der Pflicht, um der Unterfinanzierung der AHV entgegenzuwirken. Geht es allerdings um konkrete Reformmassnahmen bei der Altersvorsorge, würde die Bevölkerung am stärksten auf die Förderung der dritten Säule und eine Angleichung des Rentenalters der Frauen an jenes der Männer setzen (49 Prozent bzw. 46 Prozent). Deutlich weniger häufig wird eine Erhöhung der Mehrwertsteuer befürwortet. Eine allgemeine Erhöhung des Rentenalters lehnt die Bevölkerung dagegen in der Tendenz ab. Ebenso ist eine Reduktion der Renten der ersten und zweiten Säule für kaum jemanden eine Option.

Relevanz von Sozial- und Umweltstandards bei Anlagen

Die Bevölkerung sieht im Klimawandel vor allem global eine grosse Gefahr (80 Prozent). Für mehr als jede zweite Person birgt die Veränderungen des Klimas allerdings auch für die Schweiz ein grosses Gefahrenpotenzial (52 Prozent). Zu diesem Bewusstsein passt, wie der Begriff «Nachhaltigkeit» verstanden wird: Unter einer nachhaltigen Kapitalanlage versteht die Bevölkerung vor allem eine, die Sozial- oder Umwelt- und Klimastandards berücksichtigt (76 Prozent bzw. 69 Prozent). Weniger als jede zweite Person subsumiert dagegen unter diesem Begriff gute Unternehmensführung wie etwa der Schutz der Aktionärsrechte oder Korruptionsbekämpfung. Nach Ansicht einer Mehrheit der Bevölkerung sollen Pensionskassen und Versicherungen bei einem Zielkonflikt zwischen der Nachhaltigkeit und der Rendite dabei zumindest teilweise die Nachhaltigkeit priorisieren. Nur knapp jeder fünfte Person fordert eine klare Priorisierung des finanziellen Gewinns. Vor allem Personen, die unter Nachhaltigkeit die Einhaltung von Sozialstandards sowie Umwelt- und Klimastandards verstehen, messen dem Nachhaltigkeitsaspekt einer Kapitalanlage eine vergleichsweise grosse Bedeutung zu.