Ver­si­che­rer zah­len zehn Mil­lio­nen Fran­ken in Ent­schä­di­gungs­fonds für Asbest­op­fer

Kontext01. Oktober 2019

Asbest galt allgemein lange als Material der Zukunft. Erst spät erkannte man, dass Menschen durch Kontakt mit Asbestfasern schwer erkranken können. Ziel der Stiftung Entschädigungsfonds für Asbestopfer EFA ist es, Erkrankten ohne ausreichenden Versicherungsschutz finanziell zu helfen. Die Versicherer tragen als Teil der Wirtschaft ihre soziale Verantwortung und zahlen zehn Millionen Franken.

In der Schweiz erkranken jährlich rund 120 Personen an einem Mesotheliom – einem bösartigen Tumor im Bauch- oder Brustfellbereich. Dies, weil sie oft vor langer Zeit eine gesundheitsgefährdende Menge Asbestfasern eingeatmet haben. Die Krankheit führt meist innert kurzer Zeit zum Tod.

Viele Betroffene haben in der Industrie- oder Baubranche gearbeitet. Erfolgte der Kontakt mit Asbest bei einer beruflichen Tätigkeit, so sind Folgen einer Erkrankung als Berufskrankheit über die obligatorische Unfallversicherung abgesichert. Es können jedoch auch Private betroffen sein. «Dies können Hobby-Handwerker sein, die Asbestmaterialien im privaten Bereich bearbeitet haben oder Angehörige, die beispielsweise regelmässig kontaminierte Kleider gewaschen haben», sagt Hubert Bär. Als Vertreter der Versicherungsbranche sitzt er im Stiftungsrat der Stiftung Entschädigungsfonds für Asbestopfer EFA. «Geschätzte 20 bis 30 neu erkrankte Personen pro Jahr erhalten so keine angemessenen Sozialversicherungsleistungen.»

Psychosoziale und finanzielle Unterstützung für Asbestopfer und Angehörige

Um Betroffenen, die an einem Mesotheliom erkrankt sind, sowie deren Angehörigen schnell, fair und unbürokratisch zu helfen wurde die Stiftung EFA gegründet. Im Stiftungsrat sitzen Vertreter von Verbänden und Unternehmen, welche die Stiftung EFA finanzieren, sowie Vertreter von Asbestgeschädigten und Gewerkschaften.

Die Stiftung hat Lungenligen aus verschiedenen Regionen der Schweiz für den Aufbau eines Care-Services gewinnen können. Geschultes Fachpersonal unterstützt Betroffene und Angehörige individuell bei Fragen, die im Zusammenhang mit der Asbesterkrankung auftreten. Personen oder Familienangehörige von Personen, die ab 2006 an einem in der Schweiz verursachten asbestbedingten Mesotheliom erkrankt sind, können seit Juli 2017 bei der Stiftung EFA finanzielle Unterstützung beantragen.

Stiftung ist auf Spenden angewiesen

Die Stiftung EFA wurde im März 2017 mit einem Startkapital von sechs Millionen Franken gegründet. Um möglichst vielen Betroffenen helfen zu können, ist sie auf weitere Spenden angewiesen. Aufgrund von Hochrechnungen der Zahlen betreffend Berufskrankheiten im Zusammenhang mit Asbest rechnet die Stiftung mit einem Finanzbedarf von rund 100 Millionen Franken, um ihren Zweck erfüllen zu können. Die Privatversicherer haben den von ihnen zugesicherten Anteil von zehn Millionen Franken bereits in den Fonds einbezahlt und damit ihr Versprechen schnell eingelöst.

Versicherer übernehmen gesellschaftliche Verantwortung

Mit ihrer Beteiligung wollen die Versicherer einen Beitrag leisten, damit Opfer überhaupt eine Chance auf eine Leistung haben. «Die Versicherer wollen sich nicht aus ihrer Haftung schleichen. Im Gegenteil», sagt Hubert Bär und erklärt wieso: «Bis 1990 war Asbest ein erlaubter Werkstoff. Wer Haftung beansprucht, hat den Zusammenhang zwischen Schaden und Ursache zu beweisen. Gerade bei Schäden, die erst nach einer gewissen Zeit auftreten, ist dies im privaten Bereich fast unmöglich. Beweismaterial fehlt oft, weil Beweisstücke nach Jahrzenten nicht mehr auffindbar sind. Hat man Beweise, sind oft die Verantwortlichen nicht mehr greifbar oder es ist unbekannt, welcher Versicherer zuständig wäre.» Darum steht die soziale Verantwortung im Vordergrund und nicht das Vermeiden von Haftpflichtforderungen.

Beweisverfahren dauern ihre Zeit. Eine Mesotheliomerkrankung führt dagegen in der Regel sehr schnell zum Tod. Hubert Bär: «Die Versicherer wollten den Opfern lieber schnell Anerkennung zukommen lassen und haben ohne Rechtspflicht gesellschaftliche Verantwortung übernommen.»

Auch berufliche Schäden gelten Versicherer ab

Hauptsächlich will die Stiftung ungedeckte ausserberufliche Langzeitschäden angemessen abgelten. Asbest als Auslöser einer Berufskrankheit ist anerkannt und über die Unfallversicherungen abgedeckt. Hier leisten neben der Suva auch die Privatversicherer bereits einen erheblichen Anteil. Die Privatversicherer leisten also im Endeffekt sogar mehr als «nur» die zehn Millionen Franken.

Wirtschaft und Gesellschaft in der Pflicht

«Es wäre grundsätzlich angemessen, wenn alle, welche das Material gelobt und gefordert oder damit gearbeitet haben nun angesichts der unerwarteten Folgen auch Verantwortung tragen», sagt Hubert Bär. Jedes Unternehmen wisse sehr wohl, wie es mit der Gefahr umgegangen ist. Wer mehr Entscheidungshilfe braucht konsultiere ein illustratives Factsheet der Suva. Es zeigt auf, in welchen Branchen wieviel asbestbedingte Todesfälle zu verzeichnen sind. Dies könnte einen Anhaltspunkt liefern, wer sich auch für nicht beruflich bedingte Asbestkrankheiten engagieren sollte. Hubert Bär: «Wichtig ist für potenzielle Spender: Sie zollen unschuldigen Opfern die gesellschaftspolitische Anerkennung, die sie verdienen.»

Seit der Gründung 2017 bis Mitte 2019 hat der Fonds bereits sieben Millionen Franken an Angehörige und Opfer ausbezahlt.

 

Stiftung Entschädigungsfonds für Asbestopfer EFA