Dif­fe­ren­zie­rung ist nicht gleich Dis­kri­mi­nie­rung

Kontext16. August 2022

Risikokategorien bilden die Grundlage für die Prämienberechnung. Dabei können Versicherungsprämien nach Alter, Wohnort, Geschlecht oder weiteren Merkmalen variieren. Warum manchmal Frauen mehr für Lebensversicherungen bezahlen und Männer für höhere Autoversicherungsprämien aufkommen müssen.

Versicherungsunternehmen halten Firmen und Privatpersonen den Rücken frei, indem sie ihre finanziellen Risiken übernehmen. Dadurch geben sie ihnen Planungssicherheit und Freiheit in der Lebensgestaltung. 

Die Versicherungsprämien spiegeln das Eintrittsrisiko der Schäden, vor deren Konsequenzen die Versicherten geschützt werden. Die Prämie ist der Preis, den man bezahlt, um eine Entschädigung beanspruchen zu können, falls ein versichertes Risiko eintritt. Dabei decken die Prämien der vielen die Schäden der wenigen – so funktioniert Versicherung.

Mit Risikokategorien Prämien bestimmen

Um die Prämie für eine Versicherung zu bestimmen, versuchen Versicherungsunternehmen, Risiken möglichst genau zu erfassen. Die Versicherer beziehen sich dabei auf Erfahrungswerte und Schadenstatistiken, immer gestützt auf moderne technische Hilfsmittel zur Risikoeinschätzung. 

Dazu bilden die Privatversicherer Risikokategorien, die Risiken mit ähnlichen Merkmalen zusammenfassen. Die Grundlage für die Bildung solcher Risikokategorien ist die Entwicklung der Schäden. Dabei werden statistisch relevante Kriterien wie Alter, Wohnort oder Geschlecht berücksichtigt.

Nicht alle Risiken sind gleich

In der Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung zum Beispiel spielt das Geschlecht als Kategorie keine Rolle – denn wenn in die Wohnung eingebrochen wird oder beim Abendessen bei Freunden wertvolles Geschirr zerbricht, ist es nicht von Bedeutung, ob eine Frau oder ein Mann betroffen ist. 

Anders sieht es bei der Krankenzusatz-, der Krankentaggeld- und der Lebensversicherung aus. Hier spielen geschlechtsspezifische Faktoren durchaus eine Rolle: Frauen leben im Durchschnitt länger und gehen häufiger zum Arzt. Oft beziehen sie also andere Leistungen als Männer – und bezahlen deshalb höhere Prämien. 

Preisunterschiede bestehen auch in der Autoversicherung. Dort gibt es Unfallstatistiken nach Automarke beziehungsweise -typ. Je nach Fahrzeug ist das statistische Risiko eines Schadenfalls höher, was sich auf die Prämie auswirkt. Genauso haben Geschlecht, Alter oder Wohnort Auswirkungen auf die Prämie. Bei der Autoversicherung wird die Prämie mit dem Bonus-Malus-System zudem noch individueller ausgestaltet. Je nachdem, wie viele Schäden eine Person verursacht, sinkt oder steigt ihre Prämie.

Tarifierung begründen 

Jeder Versicherer verwendet für die eigene Tarifierung Schadenstatistiken und -modelle und gewichtet die Risiken im eigenen Kundenportfolio. Zudem spielt der Wettbewerb um die Prämienzahlerinnen und -zahler bei der Preisgestaltung eine Rolle. 

Die Versicherer in der Schweiz bieten risikogerechte Prämien an. Das heisst, dass sie versuchen, jedes Risiko so genau wie möglich zu erfassen. Die Kriterien, die einer solchen Tarifierung zugrunde liegen, müssen in einem direkten Zusammenhang mit dem Risiko stehen (Kausalität) und sachlich begründet sein. Die Versicherungsunternehmen müssen die Grundlagen für die Tarifierung auch auf Anfrage der Finanzmarktaufsicht Finma vorlegen können.

Differenzierung ist nicht gleich Diskriminierung

Aufgrund der unterschiedlichen Risikokategorien bezahlt nicht jede Person gleich hohe Prämien. Doch differenzierte Behandlung ist nicht gleichzusetzen mit diskriminierender Behandlung. Differenziert heisst in diesem Kontext risikogerecht. 

Risikokategorien können zwar aufgrund von Schadenstatistiken differenziert festgelegt werden, jedoch entscheidet das einzelne Versicherungsunternehmen letztlich selbst, wie es die eigenen Tarife konkret ausgestaltet.