Nach­hal­tig­keits­stan­dards

Wegweiser in der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema für die Versicherungswirtschaft. Dies sind die wichtigsten Standards, die für ihr Nachhaltigkeitsengagement relevant sind. 

«Nachhaltigkeit bestimmt zunehmend die Agenda der Versicherungsbranche», sagt Kristine Schulze, Nachhaltigkeitsverantwortliche beim Schweizerischen Versicherungsverband SVV. «Mit ihrem Geschäftsmodell ist die Versicherungswirtschaft nicht nur direkt von zahlreichen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel betroffen, sondern sie kann aktiv zur ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit beitragen.» In zahlreichen freiwilligen globalen Nachhaltigkeitsstandards, die von Initiativen, Allianzen oder Task Forces erarbeitet werden, bringen sich die global tätigen Versicherer ein und entwickeln diese weiter. Ein Blick auf verschiedene globale Bestrebungen in der Nachhaltigkeit zeigt viele Gemeinsamkeiten, insbesondere bei den Zielen, der Vielfalt an Handlungsmöglichkeiten und den Initiatoren. Von den elf für die Versicherungswirtschaft relevanten hat die UNO sieben initiiert: UNGC, UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, PRI, NZIA, NZAOA, GFANZ und die PSI. 

«Nachhaltigkeit bestimmt zunehmend die Agenda der Versicherungsbranche.»

Kristine Schulze

Standards betreffen gesamte Wertschöpfungskette

Spezifisch für die Versicherungswirtschaft erarbeitet wurden NZIA und die PSI. Letztere wurden 2012 auf der UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung eingeführt. Sie dienen als globaler Rahmen für die Versicherungsbranche und betreffen die gesamte Wertschöpfungskette der Versicherungen von der Produktentwicklung bis zum Underwriting und den Anlagestrategien bezüglich Umwelt-, Sozial- und Governance-Fragen. Die PSI ist die grösste gemeinsame Initiative von UNO und Versicherungsbranche. Seit März 2023 ist der SVV als «Supporting Instititution» der Initiative beigetreten.

Die PSI-Initiative hat mit Forschungsarbeiten die Entwicklung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Leitfäden (ESG) vorangetrieben und 2021 die NZIA ins Leben gerufen. Rund 30 weltweit führende Versicherer sind Mitglied der NZIA. Die Mitglieder vereinen 15 Prozent des weltweiten Prämienvolumens. Sie haben sich verpflichtet, bis 2050 ihre Underwriting-Portfolios auf Netto-Null-Treibhausgasemissionen umzustellen. Auch die Mitglieder der NZAOA streben nach dem Netto-Null-Ziel; allerdings mit Blick auf ihr Anlageportfolio. Diese von institutionellen Anlegern geleitete Initiative hat auch bereits Zwischenziele definiert. Bis 2030 wollen sie eine Reduktion des CO2-Austosses um 40 bis 60 Prozent erreichen. 

In den vergangenen zehn Jahren stieg das nachhaltig investierte Anlagevolumen in der Schweiz um das 50fache auf fast zwei Billionen Franken. 

Als Dach über die Netto-Null-Initiativen, die neben der NZIA und der NZAOA fünf weitere sektorspezifische Allianzen gehören, fungiert die GFANZ. Der Zusammenschluss von Finanzinstituten setzt sich auch für die Erreichung der Pariser Klimaziele ein. Eine dritte Initiative richtet sich an Finanzinstitute. Als globales Netzwerk setzt sich PRI für verantwortungsvolle Kapitalanlagen ein. Ihre sechs Prinzipien basieren auf der Anwendung von ESG-Kriterien, der Transparenz und der Zusammenarbeit. Die Mitglieder engagieren sich basierend auf der Überzeugung, dass ein wirtschaftlich effizientes und nachhaltiges weltweites Finanzsystem die Grundlage für die Wertschöpfung ist, für ein nachhaltiges globales Finanzsystem. Lanciert wurde die Initiative 2005 mit der Entwicklung der Grundsätze für nachhaltiges Investieren. Die Zahl der Unterzeichner stieg von 63 im Jahr 2006 auf 3826 im Jahr 2021. Das Engagement für Nachhaltigkeit zeigt sich in den Zahlen schweizerischer Finanzinstitute. In den vergangenen zehn Jahren stieg das nachhaltig investierte Anlagevolumen in der Schweiz um das 50fache auf fast zwei Billionen Franken. 

Nachhaltigkeit auf allen Ebenen implementieren

Die Schweizer Versicherungswirtschaft ist entschlossen, eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der aktuellen und zukünftigen Nachhaltigkeitsherausforderungen zu spielen. Das Engagement der Versicherer umfasst die gesamte Wertschöpfungskette, beginnend von der Produkteentwicklung über eine umwelt- und sozialverträgliche Schadenabwicklung bis hin zum betrieblichen Umweltmanagement.

Die grössten Hebel bilden dabei die Bereiche Prävention, Underwriting und Kapitalanlagen, in denen die Versicherer ihre Bemühungen in jüngster Zeit intensiviert und ausgebaut haben. Der vierte Nachhaltigkeitsreport der Schweizer Versicherungswirtschaft dokumentiert diese Bestrebungen und liefert Zahlen, Fakten und Vergleiche zum Vorjahr. 

Berichterstattung bringt Transparenz

Die sieben restlichen Initiativen richten sich an Unternehmen verschiedener Branchen. Dabei stehen nicht nur die Massnahmen selbst im Fokus. Vier Standards – TNFD, TCFD, CDP und GRI – legen den Fokus auf die Berichterstattung und die Offenlegung zu den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit. Die Empfehlungen der TCFD gelten zudem ab 2025 als verpflichtend auf Basis der Verordnung des Bundesrats über die Berichterstattung zu Klimabelangen. Diese elf Initiativen decken einen grossen Teil der Geschäftstätigkeit der Versicherer ab und die überwiegende Mehrheit der Versicherungsunternehmen befolgt sie bereits, um ihre Ziele zu erreichen. Kristine Schulze sagt: «Massgeblich für die langfristige Resilienz unserer Branche ist der Wert, den Versicherungen für Umwelt, Gesellschaft und eine stabile Wirtschaft erbringen.» 

Gemeinsam die Netto-Null erreichen

Klimaneutral bis 2050: So lautet das Ziel, dem sich auch die Versicherer verschrieben haben. Einer der grossen Hebel liegt dabei im Anlagemanagement. Die Versicherer verwalten gemeinsam 570 Milliarden Franken Kapitalanlagen, die zu einem grossen Teil schon unter Berücksichtigung von Klimakriterien angelegt werden. Eine wichtige Akteurin ist dabei die Net-Zero Asset Owner Alliance, die nationenübergreifend Unternehmen und Organisationen mit dem Netto-Null-Ziel vereint und auf dem Weg unterstützt.

Dazu hat der Schweizerische Versicherungsverband SVV am 18. April 2023 einen Anlass mit 45 Teilnehmenden durchgeführt, in dem über die Chancen und Herausforderungen rund um klimaneutrale Anlageportfolios diskutiert wurde. Als Gastreferent legte der ETH-Professor David N. Bresch dar, wo die Schweiz in der Zielerreichung steht und welche Rolle der Finanzplatz und die Zusammenschlüsse in Netto-Null-Allianzen mit Blick auf die Klimaerwärmung einnehmen können.

Nachhaltigkeit: die Herausforderung Underwriting

Ein Kommentar von Kim Berrendorf

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