Be­deu­tung von Nach­hal­tig­keit bei An­la­ge­ent­schei­den

InterviewArchive05. Februar 2019

Nachhaltige Kriterien spielen in den Anlageentscheiden der Versicherer eine zunehmend wichtige Rolle.  Alex Schönenberger, Leiter Wirtschaft und Arbeitgeberfragen beim Schweizerischen Versicherungsverband SVV, erklärt, weshalb diese von Bedeutung sind.

Herr Schönenberger, welche Rolle spielt das Thema «Nachhaltiges Investieren» für die Versicherungsbranche?

Alex Schönenberger: Das Thema hat bei Versicherern einen hohen Stellenwert. Sie engagieren sich bereits heute und die Bedeutung wird weiter zunehmen.

Alex Schönenberger

Alex Schönenberger, Leiter Wirtschaft und Arbeitgeberfragen beim Schweizerischen Versicherungsverband SVV

Was sind die wichtigsten Gründe?

Nachhaltige Kapital-Anlagen sind in der Regel langfristig mit relativ tiefer Volatilität. Beides liegt im Interesse des Anlagemanagements der Versicherer. Sie können so eine höhere risikoadjustierte Rendite erreichen als mit vielen herkömmlichen Investments. Die Integration von nachhaltigen Kriterien in den Investitionsprozess unterstützt die konsequente Umsetzung strategischer Vorgaben und die Selektion. Ausserdem hat das Thema einen starken Bezug zum Underwriting-Geschäft: Die Versicherer sind von Umweltkatastrophen und Grossschadenereignissen meist stark betroffen. Deswegen sind Entwicklungen beispielsweise bei Umweltthemen wie Klimaerwärmung von Bedeutung und haben einen Einfluss auf ihr Geschäft.

Wäre es dann nicht sinnvoll, dass die Versicherer ihre gesamten verwalteten Gelder nachhaltig anlegen?

Es macht Sinn, die nachhaltigen Kriterien generell in den Entscheidungsprozess beim Anlegen einzubauen. Allerdings darf nicht ausser Acht gelassen werden: Das Versicherungsgeschäft kennt zahlreiche Regulierungen, wie die ihr anvertrauten Gelder zu investieren sind. Die Diversifikation des Anlageportfolios ist dabei zentral. Kundinnen und Kunden erwarten zu Recht von Versicherern, dass ihre Gelder sicher angelegt sind und Rendite erzielen. Es handelt sich um die Sicherheiten für bspw. ihre Altersrenten.

Eine einfache Massnahme wäre das Verbot gewisser Titel oder Branchen?

Nein. Generelle Verbote sind aus Sicht der Versicherungswirtschaft nicht zielführend. Nachhaltig investieren heisst, seine Verantwortung wahrnehmen. In vielen Fällen kann das bedeuten, dass Versicherer als gewichtige Investoren Einfluss nehmen können auf die Entwicklung in Unternehmen, in die sie investiert sind. Es kann in Bezug auf die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen effektiver sein, sich in einem Unternehmen zu engagieren, statt es einfach auszuschliessen.

Aber es gibt Branchen oder Unternehmen, deren Geschäftsmodell per se nicht nachhaltig ist. Sollten nicht zumindest Investitionen in diese verboten werden?

Jedes Unternehmen kann aber in seinen nachhaltigen Kriterien bestimmte Investments ausschliessen. Die Versicherungsbranche setzt jedoch auf einen ganzheitlichen Ansatz. Einzelne Verbote widersprechen diesem. Im Fokus steht die Wirkung auf die gesamte Umwelt, unter Berücksichtigung gesellschaftlicher, sozialer und umweltbezogener Faktoren.

Kann die Versicherungswirtschaft überhaupt etwas bewirken?

Die Versicherungswirtschaft zeichnet sich durch ein hohes Investitionsvolumen aus. Mit einem grossen Teil dieser Gelder verfolgt sie zudem einen langfristigen Anlagehorizont. Ihr kommt als Anlegerin eine besondere Bedeutung zu. Sie kann entsprechend eine Wirkung erzielen.