SVV Ses­si­ons­brief Som­mer­ses­si­on 2023

News11. Mai 2023

Gute Rahmenbedingungen sichern die Wettbewerbsfähigkeit der Versicherer langfristig – zugunsten der gesamten Volkswirtschaft.

Im Sessionsbrief nimmt der SVV Stellung zu politischen Themen, die für die Versicherer relevant sind und jetzt in der Sommersession 2023 beraten werden.

Der SVV-Sessionsbrief als Download.

Nationalrat
22.054 Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative). Volksinitiative
05.06.
Empfehlung SVV: Annahme
16.498 Pa. Iv. Badran Jacqueline. Unterstellung der strategi-schen Infrastrukturen der Energiewirtschaft unter die Lex Koller
07.06.
Empfehlung SVV: Nichteintreten, ggf. Anpassung
21.3673 Mo. Marchesi. UVG. Zusammengeschlossene Gemeinden sollen ihren Unfallversicherer tatsächlich wählen können
13.06.
Empfehlung SVV: Annahme
21.3716 Mo. Gysi Barbara. Einführung einer obligatorischen Taggeldver-sicherung bei Erwerbsausfall durch Krankheit oder Unfall für alle Erwerbstätigen
13.06.
Empfehlung SVV: Ablehnung
Ständerat
16.3350 Mo. Nationalrat (SGK-NR). Entpolitisierung der technischen Parameter im BVG
30.05.
Empfehlung SVV: Annahme
22.3865 Mo. Nationalrat (WAK-NR). Freiwillige Erwerbstätigkeit nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters fördern
31.05.
Empfehlung SVV: Annahme
22.073 Informationssicherheitsgesetz. Änderung (Einführung einer Meldepflicht für Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen)
01.06.
Empfehlung SVV: Annahme mit Änderung
22.083 Einführung einer Regulierungsbremse
07.06.
Empfehlung SVV: Eintreten
22.082 Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten
07.06.
Empfehlung SVV: Annahme

Nationalrat

22.054 Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative). Volksinitiative

Der Ständerat lehnte die Renteninitiative am 15. März 2023 ohne Gegenvorschlag ab. Auch die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) empfiehlt ihrem Rat am 24. März 2023 die Ablehnung der Initiative und spricht sich gegen einen direkten sowie einen indirekten Gegenvorschlag aus.

Empfehlungen und Vorschläge des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV

Der SVV begrüsst die Initiative, da sie eine zwingend zu führende Diskussion über die Erhö-hung des Rentenalters anstösst. Angesichts der Notwendigkeit eines nachhaltig ausgestalteten Finanzierungs-Mechanismus für die AHV empfiehlt der SVV, einen Gegenvorschlag zu prüfen.

Ausgangslage

Die Renteninitiative hat das Ziel, die Finanzierung der AHV nachhaltig auszugestalten. Zu diesem Zweck soll ab 2032 in einem ersten Schritt eine Erhöhung des Rentenalters von Männern und Frauen auf 66 Jahre erfolgen. Anschliessend soll das Rentenalter an die durchschnittliche Lebenserwartung der schweizerischen Wohnbevölkerung im Alter von 65 Jahren gekoppelt werden. Diese Anpassung soll jährlich in Schritten von höchstens zwei Monaten erfolgen und den betroffenen Personen fünf Jahre vor Erreichen des Rentenalters bekanntgegeben werden.

 

Beurteilung

Die Altersvorsorge steht vor grossen Herausforderungen: Die Lebenserwartung steigt, der Nachwuchs fehlt und die Anlagerenditen sind weiterhin tief. Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass die Renten aus der staatlichen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und der beruflichen Vorsorge (BVG) zunehmend länger ausbezahlt werden. In der AHV sinkt zudem die Zahl der Beitragszahler pro Rentenbezüger laufend, was zu rasch wachsenden Defiziten führt. Trotz dem «Ja» des Stimmvolks zur Steuer-AHV-Reform (STAF) vom Mai 2019 und demjenigen zur Stabilisierung der AHV («AHV 21») vom September 2022 muss die nächste Reform schon rasch erfolgen, um die AHV ab 2030 finanziell zu sichern. Hierzu kann die Renteninitiative einen nachhaltigen Beitrag leisten.

Durch die von der Initiative vorgeschlagene Erhöhung des Rentenalters werden einerseits mehr Einnahmen generiert, andererseits sinken die Ausgaben der öffentlichen Hand. Die Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung löst das strukturelle Finanzierungsproblem der AHV und leistet gleichzeitig einen Beitrag zur Entschärfung des Fachkräftemangels.

Mit Blick auf die Notwendigkeit eines nachhaltig ausgestalteten Finanzierungsmechanismus der AHV empfiehlt der SVV – trotz anderslautendem Entscheid der vorberatenden Kommission – einen Gegenvorschlag vertieft zu prüfen.

 

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16.498 Pa. Iv. Badran Jacqueline. Unterstellung der strategi-schen Infrastrukturen der Energiewirtschaft unter die Lex Koller

Am 29. März 2023 hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) dem Gesetzesentwurf mit 15 zu 8 Stimmen zugestimmt.

Empfehlungen und Vorschläge des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV

Der SVV empfiehlt, nicht auf die Vorlage einzutreten (Minderheit Jauslin).
Falls der Nationalrat eintreten sollte, empfehlen wir, Artikel 6 wie folgt anzupassen:

Art. 6 Abs. 4
«Die Beherrschung eines Immobilienfonds oder eines Infrastrukturfonds durch Personen im Ausland wird vermutet, wenn dessen Verwaltung von einer Person im Ausland wahrgenommen wird und die Fondsleitung eine Person im Ausland ist, mit Ausnahme jener Immobilienfonds oder Infrastrukturfonds, in welche (dauerhaft) mindestens 51% (ev. 75%) schweizerische Anleger investiert sind.»

Beurteilung

Die Vorlage stellt einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Schweiz dar. Die Gesetzesänderung berührt mit der Eigentumsgarantie (Art. 26) und der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27) zwei wichtige, in der Verfassung verankerte Prinzipien. Aus diesem Grund empfehlen wir dem Nationalrat, nicht auf die Vorlage einzutreten.

Zudem ist inhaltlich problematisch, dass die Änderung explizit verschiedene Infrastruk-turfonds von Schweizer Investoren oder Versicherern einschliesst, die im Ausland, z. B. in Luxemburg, aufgesetzt sind und dort verwaltet werden. Der Gesetzentwurf berücksichtigt nämlich nur den geografischen Standort des Fonds, nicht aber jenen des Investors (in diesem Fall der Schweizer Versicherungen). Häufig sind die Kunden dieser Fonds, neben den Schweizer Versicherungen, auch Schweizer Pensionskassen. Konkret würde die in Artikel 6 vorgesehene Gesetzesänderung bestimmte Schweizer Vorsorgefonds daran hindern, effizient und rentabel in Schweizer Infrastruktur zu investieren. In naher Zukunft und aufgrund der Dekarbonisierung sind grosse Investitionen in erneuerbare Energiequellen notwendig: Die Vorlage verhindert jedoch, dass hierfür Schweizer Gelder über ausländische Fonds eingesetzt werden können.

 

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21.3673 Mo. Marchesi. UVG. Zusammengeschlossene Gemeinden sollen ihren Unfallversicherer tatsächlich wählen können

Mit dieser Motion wird der Bundesrat beauftragt, eine Änderung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) und/oder der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) auszuarbeiten, die vorsieht, dass zusammengeschlossene Gemeinden und alle Einheiten, die diesen zugeordnet werden können, ihren Unfallversicherer wählen können.

Empfehlungen und Vorschläge des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV

Der SVV empfiehlt die Annahme der Motion.

 

Beurteilung

 

Die AArt. 98 UVV gewährt neu zusammengeschlossenen Verwaltungseinheiten das uneingeschränkte Wahlrecht. Der Gesetzgeber hat damit dafür zu sorgen, dass neu geschaffene Verwaltungseinheiten dieses Wahlrecht innert der gesetzten Frist auch tatsächlich ausüben können und keine
anders lautenden Bestimmungen kantonalen Rechts der Ausübung des Wahlrechts entgegenstehen. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil das einmal ausgeübte Wahlrecht nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Die neu geschaffene Verwaltungseinheit, die sich der Suva unterstellt, bleibt dieser für immer unterstellt und hat Prämienerhöhungen in den Folgejahren hinzunehmen.

Bei Ausübung des Wahlrechts zugunsten der privaten Unfallversicherer besteht die Möglichkeit, bei Prämienerhöhungen aktiv zu werden und gegebenenfalls den Unfallversicherer zu wechseln. Die Ausübung des Wahlrechts ist daher wegweisend und es ist sicherzustellen, dass alle neu geschaffenen Verwaltungseinheiten die uneingeschränkte Möglichkeit der Wahl haben

 

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21.3716 Mo. Gysi Barbara. Einführung einer obligatorischen Taggeldver-sicherung bei Erwerbsausfall durch Krankheit oder Unfall für alle Erwerbstätigen

Mit dieser Motion wird der Bundesrat beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen anzupassen und eine obligatorische Taggeldversicherung bei Erwerbsausfall durch Krankheit oder Unfall für alle Erwerbstätigen zu schaffen.

Empfehlungen und Vorschläge des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV

Der SVV empfiehlt die Ablehnung der Motion.

 

Beurteilung

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 8. September 2021 die Ablehnung der Motion beantragt und diese schlüssig begründet.

Der SVV schliesst sich diesen Äusserungen vollumfänglich an. Wie der Bundesrat zutreffend ausführt, haben sich sozialpartnerschaftliche Lösungen für die unselbständig Erwerbenden bewährt.

Wer sich für die Selbständigkeit entscheidet, tut dies aus freien Stücken. Der entsprechende Entscheid muss auch Überlegungen zum Risiko des Lohnausfalls bei Krankheit und Unfall beinhalten. Die entsprechende Regelung obliegt der betroffenen Person und ist nicht Sache des Staates.
Für selbständig Erwerbende bestehen auf dem Versicherungsmarkt zahlreiche Möglichkeiten, auf privater Basis eine Versicherung für den Lohnausfall bei Krankheit und/oder Unfall abzuschliessen. Die Konkurrenz spielt zwischen den Anbietern

 

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Ständerat

22.073 Informationssicherheitsgesetz. Änderung (Einführung einer Meldepflicht für Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen)

Der Nationalrat hat die Vorlage am 16. März 2023 beraten und eine Ausweitung der Meldepflicht von Cyberangriffen mit grossem Schadenspotenzial auf schwerwiegende Schwachstellen in Computersystemen beschlossen. Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates (SIK-S) empfiehlt ihrem Rat am 21.3.2023, der Vorlage zuzustimmen.

Empfehlungen und Vorschläge des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV

Der SVV empfiehlt bei Art. 73b Abs. 3 ff. E-ISG (Ausweitung der Meldepflicht) die Unterstützung der Minderheit SIK-S (Wicki, Bauer, Burkart, Français, Minder).

Ausgangslage

Der Bundesrat will im Informationssicherheitsgesetz (ISG) eine Meldepflicht für Cyberangriffe bei kritischen Infrastrukturen einführen. Mit der vorliegenden Revision des ISG sollen die gesetzlichen Grundlagen für diese Meldepflicht geschaffen und die diesbezüglichen Aufgaben des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC) definiert werden.

 

Beurteilung

Die neue Meldepflicht im ISG soll dazu dienen, Angriffsmuster frühzeitig zu erkennen und mögliche Betroffene zu warnen (siehe Art. 74a Abs. 4 E-ISG). Die Versicherungsunternehmen sind von dieser Revision direkt betroffen, da sie gemäss Vorlage als Betreiber von kritischer Infrastruktur qualifiziert und der Meldepflicht des ISG unterstellt werden (siehe Art. 74b Abs. 1 Bst. e E-ISG).

Mit der fortschreitenden Digitalisierung sehen sich Staat und Wirtschaft zunehmend mit Cyberangriffen konfrontiert. Der SVV begrüsst daher das Etablieren eines diesbezüglichen Frühwarnsystems im ISG, wozu entsprechende Meldepflichten einen Beitrag leisten können. Er hat deshalb die einschlägigen, erst 2020 erlassenen bzw. verabschiedeten Meldepflichten gemäss Finanzmarktaufsichtsrecht sowie gemäss totalrevidiertem Datenschutzgesetz unterstützt (siehe FINMA-Aufsichtsmitteilung 05/2020 Meldepflicht von Cyber-Attacken gemäss Art. 29 Abs. 2 FINMAG vom 7.5.2020 und Art. 24 nDSG vom 25.9.2020).

Zu weit geht jedoch die nun vom Nationalrat beschlossene und von der knappen Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates unterstützte Ausweitung der Meldepflicht des ISG. Gemäss dieser müssten neben Cyberangriffen auch Schwachstellen in Informatikmitteln dem NCSC gemeldet werden. Diese Verschärfung der Meldepflicht wird vom SVV entschieden abgelehnt und der Streichungsantrag der Minderheit SIK-S unterstützt.

Aufwand und Ertrag einer Erweiterung der Meldepflicht auf Schwachstellen in Informatikmitteln stehen in keinem Verhältnis zueinander. Die administrative Mehrbelastung einer derart erweiterten Meldepflicht wäre sowohl für die Unternehmen als auch für das NCSC gross – ein Nutzen ist hingegen nicht ersichtlich. Mit der zentralen Sammlung und Speicherung entsprechender Daten könnten vielmehr die Schwachstellen in den IT-Systemen kritischer Infrastrukturen im Fall eines Cyberangriffs auf die NCSC offengelegt werden – und im äussersten Fall weitere Angriffe provozieren. Dies kann weder im Sinn der Betreiber kritischer Infrastrukturen noch des Gesetzgebers sein.

Der Bundesrat hat bewusst auf eine Meldepflicht für Schwachstellen in Informatikmitteln verzichtet und verweist in der Botschaft (S. 16) auf potenzielle Fehlanreize und eine kont-raproduktive Wirkung: «Schliesslich wurde auch davon abgesehen, die Meldepflicht auf Schwachstellen in Informatikmitteln auszudehnen. Schwachstellen werden meist durch Dritte (Sicherheitsforscherinnen und Sicherheitsforscher) entdeckt. Diese können über Anreize (z.B. Bug-Bounty-Programme) motiviert werden, die Schwachstellen zu melden. Meldepflichten hätten in diesem Umfeld hingegen wohl eher eine gewisse abschreckende Wirkung.»

Hinzu kommt die schwammige Definition von «Schwachstelle» im ISG (siehe Art. 5 Bst. g E-ISG). Zusammen mit dem weit gefassten Geltungsbereich der Meldepflicht und der äusserst knappen Meldefrist (24 Stunden nach Vorfall) würde eine Meldepflicht für Schwachstellen unverhältnismässige Arbeitslasten für die Wirtschaft nach sich ziehen.

Im Übrigen verweisen wir auf die Stellungnahme von economiesuisse, die wir unterstützen.

 

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