Ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen: SVV for­dert In­for­ma­ti­ons-Sym­me­trie

PositionenArchive22. Mai 2018

Genetische Untersuchungen können heute einfach und immer günstiger durchgeführt werden. Sie sind zunehmend wichtig für die Diagnose von Erbkrankheiten oder Krankheitsveranlagungen. Das kann gleichzeitig heikle ethische, psychologische und soziale Fragen aufwerfen.

Gesetz muss an heutige Situation angepasst werden

Das Gesetz über genetische Untersuchungen am Menschen GUMG, das  bestimmt, unter welchen Voraussetzungen solche Analysen durchgeführt werden dürfen. Es, wird der heutigen Situation nicht mehr gerecht und muss überarbeitet werden. Der Schweizerische Versicherungsverband SVV erachtet die Reform als nötig. Er hat jedoch Vorbehalte.

Informations-Asymmetrie führt zu Antiselektion

Viele Menschen werden in absehbarer Zeit ihr Erbgut untersuchen lassen. Sie werden damit über Informationen verfügen, die der Versicherer nicht hat, da er nicht danach fragen darf. So kann sich ein potentieller Kunde bei einem Antrag für eine Lebensversicherung oder eine freiwillige Invaliditätsversicherung Vorteile gegenüber dem Versicherer verschaffen.

Es besteht somit eine Informations-Asymmetrie. Solche Informationsasymmetrien führen zu einer Antiselektion: Es werden vornehmlich die Personen einen Versicherungsschutz beantragen, die ein höheres Risiko haben.

Vorsorgliche Prämienerhöhungen drohen

Die Revisionsvorlage sieht vor, dass potentielle Kundinnen und Kunden den Versicherern auch weiterhin nur bei Verträgen mit hohen Versicherungsleistungen (Lebensversicherungen über 400‘000 Franken und freiwillige Invaliditätsversicherungen mit einer Jahresrente über 40‘000 Franken) allfällig durchgeführte Gentest mitteilen müssen.

Eine Umfrage des SVV bei den Privatversicherern hat ergeben, dass mit diesen Limiten  bei Lebensversicherungen nur gerade zwei Prozent und bei den freiwilligen Lebensversicherungen nur vier Prozent der Antragsteller die Frage nach einem Gentest beantworten mussten. Bei einem Prämienvolumen von über 30 Milliarden Franken pro Jahr entsteht ein potentiell weitreichendes Informationsungleichgewicht für die Privatversicherer. Diese haben nur die Möglichkeit, die Prämien vorsorglich zu erhöhen – und zwar für alle Versicherten, ob sie nun ein normales oder ein erhöhtes Risiko aufweisen. Ohne diese Erhöhung würden die Versicherer die versicherten Leistungen in absehbarer Zeit nicht mehr erbringen können. Die Schadenlast wäre wegen zu tiefer Prämien zu gross. Der SVV bedauert den Entscheid des Nationalrates und der vorberatenden Kommission des Ständerates, die Limiten bei Lebensversicherungen und freiwilligen Invaliditätsversicherungen nicht aufzuheben.

Zwischen den Ärztinnen und Ärzten und den Versicherern darf es keine Barrieren für die Erfassung der Risiken und die Berechnung der Prämien (Underwriting) geben. Die Underwriter müssen über alle Dokumente verfügen, die sie benötigen, um abschliessend über einen Vertrag und seine Bedingungen zu entscheiden.

Liste der Krankheiten, bei denen Gentests verwendet werden dürfen

Das GUMG sieht weiterhin vor, dass nur dann Fragen nach Gentests gestellt werden dürfen, wenn dies für die Berechnung der Prämien tatsächlich relevant ist. Untersuchungsresultate sollen nur dann verwendet werden können, wenn sie nach dem aktuellen Wissensstand einen hohen Aussagewert haben.

Der SVV unterstützt diese Bedingungen. Dazu ist es jedoch unabdingbar, dass eine Liste der Krankheiten erstellt wird, bei denen die Versicherungsgesellschaften die genetischen Tests verwenden dürfen. Das Bundesamt für Gesundheit, die Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen und der SVV sollten diese Liste der Krankheiten mit zuverlässigen genetischen Ergebnissen gemeinsam erstellen und pflegen.