Ses­si­ons­brief Herbst­ses­si­on 2025

Sessionsbrief

Gute Rahmenbedingungen sichern die Wettbewerbsfähigkeit der Versicherer langfristig – zugunsten der gesamten Volkswirtschaft.

Im Sessionsbrief nimmt der SVV Stellung zu politischen Themen, die für die Versicherer relevant sind und in der Herbstsession 2025 beraten werden.

Der SVV-Sessionsbrief als Download.

Ständerat und Nationalrat
24.046 Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen (Entwurf 1 und 2)
10.9.
Empfehlung SVV: Annahme gem. Empfehlungen
Nationalrat
24.4597 Mo. Ettlin. Standardisierten Zugang zu persönlichen Vorsorgedaten ermöglichen
24.9.
Empfehlung SVV: Ablehnung
Ständerat
24.056 UVG (Umsetzung der Motion 11.3811 Darbellay «Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen»). Änderung
11.9.
Empfehlung SVV: Nichteintreten (= gem. Minderheit SGK-S)
21.082 Zivilprozessordnung. Änderung
15.9.
Empfehlung SVV: Nichteintreten (=gem. Mehrheit RK-S)
24.3067 Mo. Silberschmidt. Teilbezug von Vorsorgegeldern ermöglichen
18.9.
Empfehlung SVV: Annahme
25.3590 Mo. Mühlemann. Sportvereine bei der Unfallversicherungspflicht finanziell und administrativ wirksam entlasten – differenzierte Regelung für ehrenamtliche Tätigkeit
18.9.
Empfehlung SVV: Ablehnung
24.3226 Mo. Hurni. Für nationale Zentren zur unabhängigen medizinischen Begutachtung
18.9.
Empfehlung SVV: Ablehnung

Ständerat und Nationalrat

24.046 Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen (Entwurf 1 und 2)

Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) hat die verbleibenden Differenzen im Entwurf 1 der Vorlage beraten. Zudem hat die Kommission des Nationalrates (RK-N) am 4. Juli 2025 den Entwurf 2 der Vorlage mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Dieser regelt die Sorgfaltspflichten von Beraterinnen und Beratern im Geldwäschereigesetz (GwG) und wurde von ihrer Schwesterkommission erarbeitet.

Empfehlung des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV
Der SVV empfiehlt, das Gesetz anzunehmen, sofern verschiedene Anträge der Kommissionen in Entwurf 1 und 2 berücksichtigt werden.

Beurteilung

1)   Anpassungsbedarf aus Sicht des SVV beim Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen (TJPG) 
– Entwurf 1 

  1. Der SVV unterstützt den Antrag der RK-S zur Streichung von Art. 1 Abs. 2 Bst. b, 43 Abs. 3 Bst. d und 62 E-TJPG. Danach sollen die Pflichten zur Identifikation, Überprüfung und Meldung der treuhänderisch tätigen Verwaltungsratsmitglieder, Geschäftsführenden, Aktionären sowie Gesellschaftern nicht eingeführt werden. Dementsprechend sollte der Kontrollstelle des Registers auch kein Recht eingeräumt werden, Daten dieser Personen aus den dort genannten Informationssystemen abzurufen. Konsequenterweise muss in diesem Zusammenhang auch die Übergangsbestimmung in Art. 62 E.TJPG gestrichen werden.
  2. Des Weiteren unterstützt der SVV die Ablehnung des vom Nationalrat eingefügten Art. 11 Abs. 3bis E-TJPG. Der SVV erachtet es als unnötig, dass der Bundesrat vorsehen kann, dass das Handelsregisteramt zur Erfassung von Änderungsmeldungen Daten, die im Transparenzregister eingetragen sind, abrufen kann. 
  3. Der SVV unterstützt die Zustimmung der RK-S zur Version des Nationalrats in Art. 12 E-TJPG. Nachdem die Stiftungen und Vereine nicht dem TJPG unterstehen und Art. 17 E-TJPG gestrichen wurde, ist dies in Art. 12 abzubilden. Ausserdem begrüssen wir den Mehrheitsantrag zum neuen Art. 31 Abs. 2 E-TJPG, wonach sich die Finanzintermediäre und Beraterinnen und Berater auf die Einträge im Register verlassen können, wenn sich aus ihren vorgängig zu erfolgenden Abklärungen über die wirtschaftlich berechtigte Person nichts Abweichendes ergibt. 

2     Anpassungsbedarf aus Sicht des SVV beim Geldwäschereigesetz GwG 
– Entwurf 2 

Schlussendlich unterstützt der SVV den Antrag Mehrheit der RK-N zu Art. 2 Abs. 3bis und 3ter E-GwG zur Unterstellung der Beraterinnen und Berater. Wir begrüssen diese Änderung, denn sie stellt klar, dass nur gewerbsmässig, das heisst auf eigene Rechnung tätige Beraterinnen und Berater, dem GwG unterstellt werden. Denn es würde keinen Sinn ergeben, wenn Angestellte von Banken und Versicherungen bei der Ausübung von Beratungstätigkeiten im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses ebenfalls dem GwG unterstellt wären und dadurch eine doppelte Aufsicht über die Arbeitgeberinnen und die Angestellten entstünde. 

Beratungstermin: Ständerat – Mittwoch, 10. September 2025 (Entwurf 1)
Nationalrat – Donnerstag, 11. September 2025 (Entwurf 1 und 2)

Nationalrat

24.4597 Mo. Ettlin. Standardisierten Zugang zu persönlichen Vorsorgedaten ermöglichen

Nachdem der Ständerat als Erstrat die Motion angenommen hatte, empfahl die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) mit 12 zu 12 Stimmen und dem Stichentscheid der Präsidentin die Ablehnung der Motion.

Empfehlung des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV
Der SVV empfiehlt die Ablehnung der Motion.

Ausgangslage

Die Motion Ettlin (24.4597) und die gleichlautende Motion Dobler (24.4487) verlangen, dass die Anbieter aller drei Vorsorgesäulen ihren Versicherten einen sicheren digitalen Zugang zu ihren Vorsorgedaten mittels interoperabler und standardisierter Schnittstellen bieten. Dadurch sollen Versicherte diese Daten elektronisch auslesen und verarbeiten oder Drittanbietern standardisiert zur Verfügung stellen können. Die Standardisierung soll in der 1. Säule durch den Bund vorgegeben und durch die Ausgleichskassen umgesetzt werden. In der 2. und 3. Säule soll diese Aufgabe zuständigkeitshalber den privaten Trägern übergeben werden. Zur Einführung und Umsetzung sollen je nach Säule unterschiedliche Einführungsfristen vorgesehen werden.

Begründung

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zur Motion dargelegt, dass gemäss einer Umfrage der Oberaufsichtskommission berufliche Vorsorge bei den Vorsorgeeinrichtungen in absehbarer Zeit rund 93 Prozent der Destinatäre einen digitalen Zugang zu ihren Vorsorgedaten haben werden. Diese Zahl belegt, dass die Digitalisierung in der 2. Säule dank privater Initiativen rasch voranschreitet – und dies ohne staatliches Eingreifen.

Es wird durch die Branche angestrebt, dass künftig möglichst viele Personen über interoperable und standardisierte Schnittstellen einen sicheren digitalen Zugang zu ihren Vorsorgedaten aus allen drei Säulen erhalten, um diese elektronisch auslesen und weiterverwenden zu können. Zur Sicherstellung einer koordinierten Zusammenarbeit ist die Branche an der Erarbeitung eines Memorandum of Understanding mit der Ambition, dass die Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule die Datenlage innerhalb ihrer eigenen Säule stärken, die vorhandenen Vorsorgedaten systematisch aufbereiten, verbreiten und für die Versicherten zugänglich machen. Voraussetzung dafür ist, dass – mit ausdrücklicher Zustimmung der Versicherten – auch auf Vorsorgedaten aus der 1. und 3. Säule zugegriffen werden kann, um diese konsolidiert darzustellen und den Versicherten eine ganzheitliche Sicht auf ihre Vorsorgesituation zu ermöglichen. Da es sich um besonders schützenswerte Personendaten handelt, ist der Datenschutz bei allen technischen und organisatorischen Massnahmen sicherzustellen. Darüber hinaus sind die für den Datenaustausch zwischen den Vorsorgeeinrichtungen via EASX und BVG-Exchange getätigten Investitionen sowie die gesammelten Praxiserfahrungen konsequent zu erweitern.

Zudem entwickeln Unternehmen derzeit alternative Lösungen wie mit QR-Codes versehene digitale Vorsorgeausweise. Diese enthalten die wichtigsten Eckdaten, können per Smartphone gescannt und in Vorsorgedashboards eingelesen werden. Dadurch entsteht eine zeitnahe Lösung, die einen beträchtlichen Teil einer digitalen Schnittstelle pragmatisch vorwegnimmt. 

Dies zeigt, dass es nicht Aufgabe des Staates sein kann, einen einzigen technischen Weg vorzuschreiben. Vielmehr sollte Raum gelassen werden, damit sich die geeignetsten Lösungen durch technologische Entwicklungen und den Markt etablieren können.

Auch wenn wir den Grundgedanken der Motion unterstützen und einen vereinfachten Zugang zu Vorsorgedaten als sinnvolle Forderung erachten, bedauern wir, dass sie nicht angepasst werden konnte, um die bereits von der Branche unternommenen Schritte zu begleiten. Angesichts der beschriebenen Anstrengungen der Privatassekuranz ist ein staatlicher Eingriff nicht erforderlich.

Die Motion ist zudem problematisch, da sie unterschiedliche Einführungsfristen je nach Säule verlangt. Dies steht im Konflikt mit der Zielsetzung, den Versicherten rasch eine Gesamtsicht über die 1., 2. und 3. Säule zu ermöglichen.

Aus all diesen Gründen empfehlen wir Ihnen, die Motion abzulehnen.

Beratungstermin: Mittwoch, 24. September 2025


Ständerat

24.056 UVG (Umsetzung der Motion 11.3811 Darbellay «Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen»). Änderung

Mit 8 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) die Umsetzung unterstützt. Davor ist sie mit 9 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage eingetreten. 
 

Empfehlung des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV
Der SVV empfiehlt Nichteintreten auf die Vorlage (=gemäss Minderheit SGK-S).

Position des SVV

Der SVV lehnt die Vorlage ab. Die mit der Motion angestrebte Lösung mag zwar Lücken für Personen schliessen, die im Kindes-, Jugend- oder jungen Erwachsenenalter einen Unfall erlitten haben und im Erwachsenenalter einen Rückfall oder eine Spätfolge erleiden, während sie dem UVG unterstellt sind. Aus unserer Sicht rechtfertigt der angedachte systemische Eingriff in das UVG diese Lückenfüllung für Einzelfälle jedoch weiterhin nicht.

Beurteilung

Im Bestreben, Lücken für einen beschränkten Personenkreis zu schliessen, würde ein massiver Eingriff in das UVG erfolgen. Das UVG (in der aktuell gültigen Fassung) deckt die Folgen eines Unfalls ganzheitlich ab. Heilungskosten, Taggelder und Renten werden aus dem UVG bezahlt und sind aufeinander abgestimmt, solange eine natürliche und adäquate Kausalität zum Unfallereignis besteht. Diese kohärente Lösung soll nun auf den Kopf gestellt werden.

Die Gesetzesnovelle schafft zudem neue Ungleichbehandlungen. Benachteiligt werden Personen, die einen Unfall nach Vollendung des 25. Altersjahres erlitten haben und zu diesem Zeitpunkt nicht dem UVG unterstellt waren. Dazu zählen Personen in Elternzeit, Personen im Studium bzw. in Weiterbildung oder Personen in unbezahltem Urlaub. Die Bevorzugung eines eingeschränkten Personenkreises erachten wir als nicht akzeptabel.

Durch die Begleichung der Heilungskosten aus dem KVG und die Leistung der Taggelder aus dem UVG werden zwei unterschiedliche Sozialversicherungssysteme vermischt. Die Grundversicherung nach KVG vergütet die Leistungen nach Massgabe eines abschliessenden Leistungskatalogs mit Franchise und Selbstbehalt für die versicherte Person. Das UVG basiert dagegen auf dem Naturalleistungsprinzip ohne Kostenbeteiligung der versicherten Person. Die Umsetzung der Gesetzesnovelle verpflichtet die beiden unterschiedlich funktionierenden Versicherer zur Zusammenarbeit mit hohem Abklärungsaufwand und zahlreichen offenen Fragestellungen für beide Seiten. Unter anderem ist zu klären, wie der Unfallversicherer auf die zweckmässige Heilbehandlung des Versicherten nach KVG Einfluss nehmen kann. 

Ein Unfall ist eine nicht beabsichtigte, schädigende Einwirkung eines äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die zu einer Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder zum Tod führt (vgl. Art. 4 ATSG). Die Unfallvoraussetzungen müssen kumulativ erfüllt und das Unfallereignis muss für die gesundheitlichen Folgen (natürlich und adäquat) kausal sein. Leistungen für Rückfälle und Spätfolgen sind nach UVG nur gegeben, wenn der natürliche und adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem ursprünglichen Unfallereignis und der Spätfolge bzw. dem Rückfall erwiesen ist. Der Beweis für den natürlichen Kausalzusammenhang obliegt dabei der versicherten Person.

Während für Unfallereignisse von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich in der Schweiz ereignet haben, in vielen Fällen Akten beigebracht und Kausalitätsfragen geklärt werden können, dürfte dies bei ausländischen Unfallereignissen meist unmöglich sein. Der Aufklärungsaufwand für die versicherte Person (Beibringen der Akten, inklusive Übersetzungen) und für den Versicherer (kostenintensive Gutachten für die Abklärung der Versicherungspflicht) steht in keinem Verhältnis zum mit der Lösung anvisierten Ziel. In vielen Fällen dürfte der Abklärungsaufwand höher ausfallen als das zu leistende Taggeld.

Zusammengefasst

Der Markt bietet bereits heute massgeschneiderte Lösungen, die nicht nur den in der Gesetzesvorlage definierten Personenkreis abdecken. Ein lückenhafter und inkonsistenter Eingriff in eine Sozialversicherung für einen sehr beschränkten Personenkreis, der zudem in krassem Widerspruch zum Rückwärtsversicherungsverbot in der Sozialversicherung steht und zulasten der Prämien aller geht, rechtfertigt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht.

Abschliessend erachten wir die Vorlage in der aktuellen Form als ungeeignet und schlagen daher vor, nicht auf das Geschäft einzutreten. Um das in der ursprünglichen Motion aufgezeigte Problem zu lösen, wäre eine systemisch kohärente Lösung im UVG erforderlich.

Beratungstermin: Donnerstag, 11. September 2025


21.082 Zivilprozessordnung. Änderung

Nachdem der Nationalrat in der Frühjahrssession 2025 das Nichteintreten auf die Vorlage entschieden hat, ist die Rechtskommission des Ständerates (RK-S) mit 8 zu 5 Stimmen dem Nationalrat gefolgt. 

Empfehlung des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV
Der SVV empfiehlt Nichteintreten auf die Vorlage (=gemäss Mehrheit RK-S).

Beurteilung

Der SVV lehnt die Vorlage zur Einführung von Sammelklagen als Teil einer breiten Allianz ab. Die Versicherungswirtschaft wäre von der Vorlage doppelt betroffen: Als potenziell beklagte Unternehmen wie auch via Haftpflichtversicherung von beklagten Firmenkunden.

Die Analyse des SVV zeigt, dass die Vorlage tiefgreifende negative Systemänderungen im Schweizer Rechtssystem auslösen würde; mit entsprechend klar negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Schweiz.

Ein Blick in europäische Länder verdeutlicht, dass die Einführung von Sammelklagen zur Ansiedlung und ständigen Ausweitung einer professionellen Klageindustrie geführt hat. Dies hat zu einer prozess- und streitfreudigen Rechtskultur beigetragen, die man in der Schweiz unbedingt vermeiden sollte.

Gerichtsklagen sind kostspielig, zeitaufwendig und mit einem ungewissen Ausgang verbunden. Es gibt alternative Streitbeilegungsinstrumente, insbesondere aussergerichtliche Instrumente wie etwa Ombudsstellen. Diese sind für Konsumentinnen und Konsumenten der bessere Weg, denn sie sind – im Gegensatz zu Klagen – günstig (oft gar gratis), schnell, niederschwellig zugänglich und auch für kleinere Beträge wirksam. In der Schweiz gibt es bisher rund zehn solcher Stellen, unter anderem auch die «Stiftung Ombudsman der Privatversicherungen und der Suva».

Der SVV empfiehlt, der Mehrheit der Kommission zu folgen und nicht auf die Vorlage einzutreten.

Beratungstermin: Montag, 15. September 2025

25.3590 Mo. Mühlemann. Sportvereine bei der Unfallversicherungspflicht finanziell und administrativ wirksam entlasten – differenzierte Regelung für ehrenamtliche Tätigkeit

Die Motion wurde am 12. Juni 2025 von Ständerat Mühlemann eingereicht. Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament einen Entwurf zur Änderung des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) zu unterbreiten.

Empfehlung des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV
Der Schweizerische Versicherungsverband empfiehlt die Ablehnung der Motion.

Beurteilung

Der SVV hat Verständnis für das das Unbehagen gegenüber der geltenden Regelung und das Anliegen, Breitensportvereine von der Berufsunfälle-Prämie zu entlasten.

Der SVV hat einen praktikablen Vorschlag mitentwickelt

Aus diesem Grund hat der SVV sich in der Vergangenheit sehr aktiv in der interdisziplinären Arbeitsgruppe für die personenbezogene Ausnahme für Sportlerinnen und Sportler sowie Trainerinnen und Trainer in Breitensportvereinen in der Verordnung zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) eingesetzt. Dieser Vorschlag sah vor, dass Breitensportvereine Sportlerinnen und Sportler sowie Trainerinnen und Trainer, welche ein jährliches Einkommen von maximal zwei Dritteln des Mindestbetrags der vollen jährlichen AHV-Altersrente (2023: CHF 9’800; aktuell 
CHF 10’080) als Entgelt erzielen, nicht mehr obligatorisch gegen Berufsunfälle versichern müssen. Sofern diese Personen eine Deckung für Nichtberufsunfälle bei einem anderen Arbeitgeber gehabt hätten, wäre der Unfall im Sportverein durch den Nichtberufsunfallversicherung Versicherer des anderen Arbeitgebers gedeckt worden. Wenn kein NBU-Versicherer bestanden hätte, wären die Heilungskosten über die obligatorische Krankenversicherung gedeckt worden. Für alle anderen im Verein beschäftigen Personen (ob ehrenamtlich, Teil- oder Vollzeit) hätte der Breitensportverein hingegen weiterhin eine Berufsunfallversicherung abschliessen müssen. Die Arbeitsgruppe ging davon aus, dass diese Regelung zu einer substanziellen Entlastung der Breitensportvereine von der Berufsunfallversicherungspflicht und der damit verbundenen Prämienbelastung geführt hätte. Alle in der Arbeitsgruppe vertretenen Parteien boten Hand für die Umsetzung dieses Vorschlags in Art. 2 der Unfallversicherungsverordnung UVV (Ausnahmen von der Versicherungspflicht). 

Der SVV ist weiterhin der Meinung, dass dieser von sämtlichen Unfallversicherern (inklusive Suva) und Swiss Olympic mit Unterstützung eines Rechtsprofessors und Kenntnis des BAG als Aufsichtsbehörde über die Unfallversicherer ausgearbeitete, breit abgestützten Vorschlag einen gangbaren Weg darstellt und bedauert dessen bisherige Nichtumsetzung.

Der vorliegende Ansatz ist systemfremd und ungeeignet

Der SVV steht hingegen einer weitergreifenden Anpassung, insbesondere einer Sonderregelung zugunsten der Prämiengestaltung für Breitensportvereine im UVG selbst, äusserst kritisch gegenüber. Wir halten die zunehmenden Begehrlichkeiten nach einzelfallbezogenen Ausnahmen im UVG für gefährlich. 

Es droht die Aushöhlung des UVG als Kollektiv- und Sozialversicherung, wenn für jeden erdenklichen Einzelfall eine neue Gesetzesbestimmung und damit eine Ausnahmebestimmung im Gesetz geschaffen wird. Die Prämiengestaltung ist angesichts der zu berücksichtigenden Vorgaben bereits heute anspruchsvoll. In der Unfallversicherung wird nicht eine Einzelperson, sondern das Kollektiv, die Arbeitnehmenden eines Betriebs, versichert. Bei der Prämiengestaltung, insbesondere auch bei der Gestaltung der Prämie für Berufsunfälle, müssen sämtliche Unfallversicherer berücksichtigen, dass aus der Versicherung kein Gewinn erzielt werden darf und dass die Prämie risikobezogen ist. Wichtig ist dabei die Notwendigkeit einer bestimmten Grösse der Risikogruppe, um den versicherungstechnischen Ausgleich sicherzustellen. Infolgedessen erachten wir eine Abstufung des Tarifs auf unterschiedliche Funktionen in kleinen Kollektiven wie ehrenamtlichen Breitensportvereinen als unmöglich. Der SVV lehnt zudem einen Einheitstarif für Breitensportvereine ab. 

Beratungstermin: Donnerstag, 18. September 2025

24.3226 Mo. Hurni. Für nationale Zentren zur unabhängigen medizinischen Begutachtung

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) ist am 27. Juni 2025 mit 9 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage eingetreten und hat diese in der Gesamtabstimmung mit 8 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung Stimmverhältnis angenommen.

Empfehlung des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV
Der Schweizerische Versicherungsverband empfiehlt die Ablehnung der Motion.

Ausgangslage 

Die Versicherungsbranche fordert bei medizinischen Gutachten eine hohe Qualität. Auf den ersten Blick scheint das von der Motion verfolgte Anliegen, den Zugang zu unabhängigen medizinischen Begutachtungen zu vereinfachen, verlockend. Eine vertiefte Beurteilung verdeutlicht jedoch, dass die vorliegende Motion keine qualitative Verbesserung der Gutachtersituation, jedoch einen hohen administrativen Aufwand mit sich brächte. Sie ist weder geeignet noch nötig, um die von ihr angestrebten Ziele zu erreichen.

Begründung 

1) Unschärfe in der Motion 

Zunächst besteht aus Sicht des SVV eine Divergenz zwischen den im Titel oder dem eingereichten Text sowie den in der Begründung aufgeführten Zielen: Gemäss Titel und eingereichtem Text wird die Einrichtung von «Zentren zur unabhängigen medizinischen Begutachtung» verlangt. In der Begründung wird hingegen «ein unabhängiges Zentrum für medizinische Begutachtung für Fälle» verlangt, «in denen ein Gutachten in Frage gestellt werden soll oder in denen sich die Parteien nicht auf eine Expertin oder einen Experten einigen können.» Einleitend wäre zu klären, was konkret gefordert wird. Wir halten die Motion für beide Ziele als ungeeignet bzw. unnötig. 

2) Zweifel an der Umsetzbarkeit 

Zentren zur medizinischen Begutachtung, die sämtliche Fachrichtungen auf der Basis unterschiedlicher Rechtsgrundlagen (Sozialversicherungsrecht, Versicherungsvertragsrecht, Obligationenrecht und Haftungsgesetze) mit einer hohen Professionalität abdecken, halten wir für nicht umsetzbar. Dies einerseits aufgrund der schieren Masse an Gutachten, andererseits aufgrund der unterschiedlichen auf die Gutachten anwendbaren Verfahrens- und Beweisbestimmungen. Für nicht dem Sozialversicherungsrecht unterstehende Begutachtungen ist die Schaffung eines derartigen Zentrums ungeeignet. Zu unterschiedlich sind die Rechtsgebiete und die auf die Gutachten anwendbaren beweis- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen. Zudem haben die Parteien in diesen Fällen die Möglichkeit, sich einvernehmlich auf Schiedsgutachten oder zur Streitbeilegung im Rahmen eines Schiedsverfahrens zu einigen. Und letztlich haben einseitig veranlasste Gutachten in zivilrechtlichen Sachverhalten einen geringeren Beweiswert vor Gericht. Die Rechtsprechung hat dazu geführt, dass sich die Parteien hinsichtlich Wahl der Sachverständigenstelle und der Fragestellungen in der Regel einigen. Letztlich können Gutachten zudem immer auch gerichtlich überprüft werden. 

Angesichts des Fachkräftemangels im Allgemeinen und des Mangels an Gutachtern im Speziellen (vgl. dazu auch Begründung des Bundesrates) stellt sich die Frage, wie die Zentren ihre Gutachterstellen mit fachlich qualifizierten Fachkräften besetzen könnten bzw. was geschähe, wenn für eine Fachrichtung keine Sachverständigen vorhanden oder diese überlastet sind. 

3) Finanzielle Vorteile sind nicht zu erwarten 

Der Motionär zweifelt die Unabhängigkeit der Gutachterstellen aufgrund der aktuellen Finanzierung durch die Versicherer an. Als Lösungsansatz schlägt er eine Finanzierung nach dem «Vorbild der Ombudsstellen» durch die Versicherungsbranche vor. Bezahler blieben jedoch auch in dieser Konstellation der Versicherer. So vermag der Lösungsvorschlag das vom Motionär verortete Problem nicht zu lösen. 

4) Qualität der Gutachten als Kernelement 

Auch in wie auch immer neu ausgestalteten Gutachterzentren bzw. in einem entsprechenden neuen Zentrum ist die Qualität der Gutachten massgebend. Diese hängt in erster Linie von der Ausbildung und Expertise der einzelnen Sachverständigen ab. Darauf ist das Hauptaugenmerk zu richten – und darauf zielt das bestehende System bereits ab.

Beratungstermin: Donnerstag, 18. September 2025

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