Mehr als nur ein «Zu­satz»

Kontext

Krankenzusatzversicherungen als Innovationstreiber

Der Blick in die Statistik erstaunt – nur rund acht Prozent des Gesundheitswesens werden von privaten Zusatzversicherungen finanziert. Andreas Schönenberger, CEO der Sanitas Krankenversicherung, erklärt, warum sie dennoch keine Nebenrolle spielen.

«Allein schon, dass etwa 80 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz eine Zusatzversicherung haben, reflektiert die Bedeutung, die ihr beigemessen wird», sagt Schönenberger im Gespräch: «Sie gibt ihnen die Möglichkeit, Eigenverantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen.»

Aber auch für Leistungserbringer – also Spitäler und Gesundheitsfachpersonen – spielen Zusatzversicherungen eine wichtige Rolle: Denn wie eine Studie des Beratungsunternehmens EY zeigt, sind Einnahmen aus der Zusatzversicherung ausschlaggebend für ein positives Betriebsergebnis. Das wiederum ist nötig, um wichtige Investitionen zu ermöglichen.

Portrait Andreas Schönenberger

Andreas Schönenberger ist seit Februar 2019 CEO bei Sanitas, für die er bereits von 2015 bis 2019 im Verwaltungsrat aktiv war.

Doch die Branche entwickelt sich weiter – einstige Aushängeschilder für Zusatzversicherungen, wie das Einzelzimmer, werden zunehmend zum Standard. Mehr Eingriffe werden ambulant durchgeführt und auch der Grundleistungskatalog wächst mit dem medizinischen Fortschritt mit. Das verändert den Spielraum der Zusatzversicherung. Für Schönenberger ist dies ein Ansporn: «Wir müssen innovative Angebote kreieren, die den aktuellen Entwicklungen, aber vor allem auch den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden Rechnung tragen.»

Allerdings sei man dabei auch auf gute Zusammenarbeit angewiesen. «Es braucht auch bei Leistungserbringern Innovationsgeist und die Bereitschaft, Neues auszuprobieren, um das Angebot besser zu differenzieren», fordert Schönenberger. Ein Beispiel sei es, auch im ambulanten Bereich unterschiedliche Patientenpfade für Allgemein- und Zusatzversicherte zu ermöglichen.

Grundvoraussetzung sei jedoch, dass der Regulator den Spielraum für Innovation und Wettbewerb schaffe. Das gelte vor allem mit Blick auf die ambulante Medizin: «Innovative Therapien, Robotics oder digitale Ansätze, wie Hospital-at-Home-Apps, können in der Schweiz zum Beispiel noch nicht angemessen vergütet werden», sagt Schönenberger. Zudem braucht es auch die Flexibilität der Regulatoren bei der Zulassung neuer Produkte und Services: «Der Innovationsgeist funktioniert über Experimente, welche auch mal scheitern können müssen.»

Zusatzversicherungen spielen also als Treiber für Innovation und individuelle Wahlfreiheit eine zentrale Rolle im Schweizer Gesundheitssystem. Damit sie diese auch weiter wahrnehmen können, sind innovative Konzepte gefragt, konstruktive Partnerschaften mit Leistungserbringern und ein regulatorisches Umfeld, das Spielraum für Innovation schafft.