«Die Ar­beit im Ver­band braucht es, um ver­nünf­ti­ge Wett­be­werbs­be­din­gun­gen zu er­rei­chen»

KontextArchive22. November 2017

Urs Berger, Präsident des SVV, Präsident des Verwaltungsrates Die Mobiliar

Herr Berger, Sie waren sechs Jahre lang Präsident des SVV und davor schon seit 1996 im Vorstand. Was ist Ihre früheste Erinnerung an den Versicherungsverband?

Urs Berger: Wenn ich zurückdenke, muss ich tatsächlich feststellen, dass ich länger für den Verband gearbeitet habe, als ich mit meiner Frau verheiratet bin. (Lacht) Ich wusste aber immer, mit wem ich verheiratet bin.

Angefangen habe ich 1982. Damals protokollierte ich die Sitzungen der Fachgruppe Wasser/Glas. Diese gibt es heute so nicht mehr. Der Verband hat sich seither stark gewandelt. Damals war der Versicherungsmarkt nicht liberalisiert. Die Versicherer haben die gleichen Produkte zu gleichen Bedingungen und Tarifen angeboten. Mein erstes offizielles Mandat beim Verband hatte ich als Mitglied der technischen Kommission für Technische Versicherungen. Auch das war noch vor der Marktliberalisierung. Wir haben damals jene gebüsst, die sich nicht an die vorgeschriebenen Tarife hielten. Eine weitere Aufgabe der Kommission bestand darin, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu entschlacken. Bevor die Versicherer untereinander im Wettbewerb standen, wurden diese im Verband herausgegeben, vom Bundesamt für Privatversicherungen (Vorgänger der Finma) genehmigt und waren für die Versicherer verbindlich. All dies ist heute unter dem Wettbewerbsgesetz undenkbar.

Was hat Sie während Ihrer Amtszeit als Präsident besonders interessiert und was haben Sie als schwierig erlebt?

Urs Berger: Ich habe die politischen Auseinandersetzungen als sehr spannend und interessant erlebt. Die Einblicke, die ich dadurch in die Politik und ihre Prozesse gewonnen habe, sind eine wertvolle Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte. Auch habe ich den Austausch mit den Kollegen aus den anderen Versicherungsgesellschaften sehr geschätzt. Wir sind ja eigentlich Konkurrenten und haben ausserhalb des Verbands kaum Gelegenheiten zum Austausch.

Schwierig war im Gegenzug, die Kollegen immer wieder für die «harzigen» Themen zu motivieren. Oft pickt man sich die spannenden Themen heraus und lässt die schwierigen sein. Das ist zwar nachvollziehbar, bringt uns jedoch nicht weiter. Die Arbeit und das Zusammenraufen im Verband braucht es, um gute Rahmenbedingungen zu erreichen. Das kann manchmal sehr theoretisch und langwierig sein.

Was werden Sie vermissen?

Urs Berger: Ich werde wohl erst nach einer gewissen Zeit und mit etwas Abstand beurteilen können, was ich wirklich vermisse. Schon jetzt kann ich aber sagen, was ich nicht vermissen werde: Die öffentliche Exponiertheit. Ich freue mich, wieder weniger «öffentliches Gut» zu sein.