Auf­fahr­un­fall – ist im­mer der hin­te­re Fah­rer schul­dig?

VersicherungsratgeberArchive22. November 2017

Ich wollte in die Hauptstrasse einbiegen. Ein Auto war noch vor mir. Als dieses losfuhr und einbog, fuhr ich ebenfalls an und schaute nach links, um die Hauptstrasse zu beobachten. In diesem Moment bremste das vordere Auto und ich konnte den Auffahrunfall nicht mehr verhindern. Wer ist hier verantwortlich?

Sie tragen wahrscheinlich die Verantwortung für den Unfall. In erster Linie war nämlich Ihre ungenügende Aufmerksamkeit der Grund für die Kollision und nicht der Umstand, dass das vordere Auto bremste. Anders wäre es, wenn der vordere Lenker völlig überraschend ohne ersichtlichen Grund gebremst hätte oder er Sie gar schikanieren wollte. Vermutlich wird der vordere Lenker Gründe anführen können, weshalb er bremsen musste. Er könnte beispielsweise geltend machen, dass er wegen einem Fahrradfahrer oder einer Katze auf der Strasse bremsen musste. In der Praxis dürfte es Ihnen schwerfallen, den geforderten Gegenbeweis anzutreten.

Immer genügend Abstand halten

Der von Ihnen beschriebene Unfall passiert relativ häufig. Der hintere Lenker muss immer damit rechnen, dass das vordere Auto bremst, und jederzeit anhalten können. Besonders, wenn man beim Einbiegen für kurze Zeit nicht nach vorne blicken kann, ist ein genügender Abstand zum vorderen Auto wichtig, um rechtzeitig anhalten zu können. Tatsächlich kann es aber Situationen geben, bei denen auch der Vorausfahrende sich ein Verschulden anlasten lassen muss, z.B. bei zu brüskem Abbremsen aus Unaufmerksamkeit. In einem solchen Fall würde sich der Bremsweg des hinteren Fahrzeugs unvorhersehbar und unausweichlich verkürzen. Eine Entlastung des Auffahrenden ist aber nur dann möglich, wenn das Verschulden des vorderen Wagenlenkers bewiesen werden kann (z.B. durch klare Aussagen der Beteiligten oder Zeugen im Polizeirapport).