Re­chen­schafts­be­richt des SVV

Zur Generalversammlung 2025

Prioritäten für die kommenden Jahre gesetzt

Für die Jahre 2025 bis 2028 hat der SVV eine neue Strategie verabschiedet. Unter dem neuen Strategiedach entwickelt er auch die Themen aus der vergangenen Strategieperiode weiter.

Der SVV hat die Prioritäten für die nächsten vier Jahre bis 2028 festgelegt. Diese bauen auf den Erkenntnissen und Erfahrungen der vergangenen Strategieperiode auf. Unverändert bleibt die Kernaufgabe des Verbandes, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen und sich für eine angemessene Regulierung einzusetzen.

Die neue Strategie ist sowohl von verbandsinternen Entwicklungen als auch von einem sich verändernden Umfeld geprägt. Einschneidende Ereignisse wie der Niedergang der Credit Suisse haben den gesellschaftlichen Konsens in Frage gestellt, dass das, was gut für die Wirtschaft ist, auch gut für die Allgemeinheit ist. Die Versicherungswirtschaft ist deshalb gefordert, ihre Leistungen für Wirtschaft und Gesellschaft vermehrt in einfachen Worten auf den Punkt zu bringen. Diese Erkenntnis bildet das Dach der neuen Strategie. Zugenommen hat die Bedeutung von Toprisiken wie Cyber und Erdbeben. Die Versicherungswirtschaft muss sich verstärkt mit dem Umgang mit diesen Risiken und der Frage der Versicherbarkeit auseinandersetzen. Das Bekenntnis «Versicherbarkeit erreichen und erhalten» greift diese Fragen auf. Einen weiteren Schwerpunkt setzt der Verband mit der Stossrichtung «Krankenzusatzversicherung stärken». Die Weiterentwicklung der Krankenzusatzversicherung und die Sicherung von Freiheitsgraden erhalten in der neuen Strategie mehr Gewicht. Dahinter steht die Erkenntnis, dass das Schweizer Gesundheitswesen mehr und nicht weniger Marktwirtschaft braucht.

 

Die sieben Stossrichtungen der Strategie
  
 Voraussetzungen optimieren
1Optimale Rahmenbedingungen anstreben
2Angemessene Regulierung erreichen
3Fachkräfte entwickeln und gewinnen
 Fokusbereiche entwickeln
4Versicherbarkeit erreichen und erhalten
5Vorsorge weiterentwickeln
6Krankenzusatzversicherung stärken
 Zukunft des Verbandes gestalten
7Verband als profiliert positionieren
 Fachliche und politische Verbandsarbeit

 

Wie in der bisherigen Strategieperiode wird es auch in den kommenden Jahren darum gehen, die Vorsorge weiterzuentwickeln und zu stärken. Dabei wird der Aspekt der Financial Literacy an Bedeutung gewinnen. Bildungspolitische Themen stehen auch wegen des prognostizierten Arbeitskräftemangels stärker im Fokus. Unverändert entscheidend für die Arbeit und den Erfolg des SVV bleibt die enge Zusammenarbeit zwischen den Milizgremien und der Geschäftsstelle. Sie ist ein wichtiger Schlüssel für die nachhaltige Entwicklung der Versicherungswirtschaft.

Gemeinsam für eine starke Versicherungswirtschaft

Die AXA Schweiz ist per 1. Januar 2025 in den Schweizerischen Versicherungsverband SVV zurückgekehrt. Damit bringt das Unternehmen seine Expertise wieder in den SVV ein. Für den Verband mit seinen Milizgremien sind die Mitwirkung und die Expertise seiner Mitglieder von massgebender Bedeutung. Gerade bei zentralen Themen wie der Versicherbarkeit von Toprisiken ist es entscheidend, dass die Branche gegenüber Politik und Verwaltung mit einer Stimme spricht.

Mit der Rückkehr der AXA sind auch heute noch acht der Gründungsmitglieder Mitglied beim SVV: die AXA Schweiz (Schweizerische Unfall-Versicherungsgesellschaft Winterthur), die Baloise (Basler Lebens- Versicherungs-Gesellschaft), die Helvetia (Helvetia Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft), die Mobiliar (Schweizerische Mobiliar-Versicherungs-Gesellschaft), die Swiss Life (Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt), die Swiss Re (Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft) und die Zurich (Zürich Allgemeine Unfall- und Haftpflicht-Versicherungs- Gesellschaft). Der SVV und seine Mitglieder feiern das 125-Jahr-Jubiläum mit verschiedenen Aktivitäten. Auf seiner Website informiert der Verband das ganze Jahr über die verschiedenen Jubiläumsaktivitäten. So erscheint im Herbst 2025 eine Festschrift in der Buchreihe «Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik», die sich mit der Bedeutung der Schweizer Versicherungswirtschaft für Wirtschaft und Gesellschaft auseinandersetzt. Gegründet wurde der SVV am 14. Dezember 1900. 21 Vertreter der damals wichtigsten Versicherungsunternehmen trafen sich in Olten und gründeten im legendären Bahnhofbuffet den «Verband concessionierter schweizerischer Versicherungs-Gesellschaften».

Cyberrisiko verlangt Zusammenarbeit

Cyberrisiken entwickeln sich schnell und die Bedrohungen wachsen. Der SVV hat eine Cyberstrategie verabschiedet und arbeitet mit den Behörden und weiteren Akteuren zusammen. 

Von 2020 bis 2023 hat der Schweizer Cyberversicherungsmarkt prämienmässig um fast 150 Prozent zugelegt. Dennoch erreicht die Versicherungsdurchdringung bei Unternehmen erst knappe 9 Prozent. Um den Herausforderungen zu begegnen hat der SVV eine Cyberstrategie und Roadmap bis 2028 erarbeitet. Damit will er die Versicherbarkeit und damit die Cyberresilienz deutlich steigern. Um diese Ziele zu erreichen, ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure zentral. Denn die Bedrohungen im Cyberspace wachsen weiter. Dies zeigten die Voten am Cyber Insurance Summit Switzerland. Der SVV hat den Anlass 2024 zum ersten Mal durchgeführt. 150 Teilnehmende aus IT, Versicherungswirtschaft, Consulting und Behörden diskutierten über das Risiko für die Schweiz und wie sie damit umgehen soll.

Von 2020 bis 2023 hat der Schweizer Cyberversicherungsmarkt um fast 150 Prozent zugelegt.

Eine zunehmende und akute Gefahr für Unternehmen stellen Ransomware-Angriffe dar. Um dieser Bedrohung effektiv zu begegnen, unterstützt die Schweiz die Counter Ransomware Initiative (CRI). Diese hat einen umfassenden Leitfaden entwickelt. Er gibt betroffenen Unternehmen konkrete Handlungsempfehlungen, wie im Falle eines Angriffs zu handeln ist. Insbesondere in Bezug auf den Umgang mit Lösegeldforderungen beleuchtet der Leitfaden Risiken und mögliche Folgen einer Zahlung. Um seine Mitglieder und die Öffentlichkeit für Cyberrisiken zu sensibilisieren und über mögliche Präventionsmassnahmen aufzuklären, arbeitet der SVV eng mit dem Bundesamts für Cybersicherheit BACS zusammen und  beteiligt sich an der im April lancierten Kampagne «Keine Ausreden – machen!».

Auch der Verein Swiss FS-CSC stärkt die Cyberresilienz im Schweizer Finanzmarkt. Er setzt auf die Zusammenarbeit zwischen Finanzinstituten und Behörden im Rahmen einer Public-Private-Partnership. Dies soll die Prävention fördern und die Bewältigung einer systemischen Cyberkrise vorbereiten. Zu diesem Zweck hat der Verein eine Krisenkoordinationszelle aufgebaut und Ablaufpläne erstellt. In einer systemischen Cyberkrise übernimmt sie die Koordination und Kommunikation für die Finanzbranche. Sie führt auch jährlich von der FINMA anerkannte Übungen zu Cyberbedrohungen durch.

BVG: fundierte Lagebeurteilung notwendig

In der Volksabstimmung vom 22. September lehnte das Stimmvolk die Vorlage zur Reform der beruflichen Vorsorge ab. Die Modernisierung des BVG und die Korrektur zentraler Parameter beschäftigen jedoch weiterhin. 

Die Reform der beruflichen Vorsorge ist in der Volksabstimmung vom 22. September 2024 mit zwei Drittel «Nein»-Stimmen deutlich abgelehnt worden. Die Reform sah insbesondere eine Senkung des Umwandlungssatzes auf 6,0 Prozent, eine Reduktion des Koordinationsabzuges auf 20 Prozent des AHV-Lohnes, eine flachere Staffelung der Altersgutschriften und Einmaleinlagen für die Übergangsgeneration vor. Der SVV hatte die Reform dezidiert unterstützt: Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und der gesunkenen Anlagerenditen ist der geltende BVG-Umwandlungssatz von 6,8 Prozent deutlich zu hoch. Er führt zu einer systemwidrigen Querfinanzierung von Neurenten durch die Erwerbstätigen. Mit den von der Reform vorgesehenen Massnahmen hätte diese Querfinanzierung reduziert und die Vorsorge bei tieferen Einkommen – d. h. insbesondere für Teilzeitbeschäftigte – verbessert werden können. Die Kosten für ältere Arbeitnehmende wären reduziert und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dadurch verbessert worden.

Die Reform der beruflichen Vorsorge ist in der Volksabstimmung vom 22. September 2024 mit zwei Drittel «Nein»-Stimmen deutlich abgelehnt worden.

Unmittelbar vor und nach der Volksabstimmung wurden mehrere parlamentarische Vorstösse eingereicht, mit denen verlangt wird, dass ausgewählte Elemente aus dem abgelehnten Reformpaket weiterverfolgt werden. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung dieser Vorstösse. Der SVV begrüsst die Haltung des Bundesrates. Er teilt seine Argumentation: Die aus Sicht des SVV wünschenswerte Modernisierung des BVG im Sinne der Verbesserung der Vorsorge bei tieferen Einkommen ist zwingend mit ebenso notwendigen Korrekturen bei den zentralen Parametern (BVG-Umwandlungssatz, BVG-Mindestzinssatz) zu verbinden, um die systemwidrige Querfinanzierung nicht zu verstärken.

Am 7./8. Oktober 2024, d. h. zwei Wochen nach der Volksabstimmung, hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) eine Aussprache mit der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) geführt. In der Medienmitteilung zur Kommissionsitzung wird mitgeteilt, dass Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider «die betroffenen Kreise anhören und bis spätestens im nächsten Sommer eine vertiefte Auslegeordnung vornehmen» werde. Der SVV unterstützt diese Vorgehensweise: Bevor ein neues Reformvorhaben lanciert wird, ist eine fundierte Lagebeurteilung vorzunehmen.

Bevölkerung unterschätzt Erdbebenrisiko

Das Erdbebenrisiko erfüllt alle Bedingungen der Versicherbarkeit. Noch sind aber zu wenige Gebäude in der Schweiz versichert. Obschon die Wahrscheinlichkeit für ein mittelstarkes Erdbeben in den nächsten 50 Jahren in der Schweiz bei 80 Prozent liegt, löst diese Naturgefahr bei der Bevölkerung geringe Besorgnis aus. Dies widerspiegelt sich in der tiefen Versicherungsdurchdringung, der sich nun auch die Politik angenommen hat. 

Obschon die Wahrscheinlichkeit für ein mittelstarkes Erdbeben in den nächsten 50 Jahren in der Schweiz bei 80 Prozent liegt, löst diese Naturgefahr bei der Bevölkerung geringe Besorgnis aus.

Der SVV begrüsst den Willen, eine Lösung für das Erdbebenrisiko zu finden. Allerdings geht die aktuell zur Debatte stehende Eventualverpflichtung in die falsche Richtung. Diese sieht vor, dass alle Gebäudebesitzerinnen und -besitzer nach einem schweren Erdbeben mit hoher Schadenfolge einen steuerähnlichen Beitrag zum Wiederaufbau leisten müssen. Dabei handelt sich um eine ineffektive Scheinlösung mit hohem Verwaltungsaufwand. Zudem würde sie krisenverschärfend wirken, weil die Abgabe just nach der Katastrophe fällig würde. Anders als bei einer Versicherungslösung verbleibt das gesamte Risiko in der Schweiz und kann nicht in den globalen Rückversicherungsmarkt transferiert werden. Vielmehr sollte in die Sensibilisierung der Bevölkerung investiert werden. Als Alternative bietet sich im Rahmen der bewährten Elementarschadenversicherung eine obligatorische Koppelung von Erdbeben mit der Feuerversicherung an.

Selbstregulierung überzeugt

Gemeinsam haben die Asset Management Association (AMAS), die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) und der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) die Selbstregulierung zur Vermeidung von Greenwashing erarbeitet und weiterentwickelt. Die drei Verbände sind überzeugt, dass die Integrität von Anlageprodukten und -dienstleistungen für den Finanzplatz Schweiz zentral ist. Sie lehnen jede Form von Greenwashing ab. Mit den Massnahmen tragen sie zur Sicherstellung der Glaubwürdigkeit des Finanzplatzes bei. Der Bundesrat ist von der Selbstregulierung der Branche überzeugt. Entsprechend hat er am 19. Juni 2024 mitgeteilt, vorläufig auf eine staatliche Regulierung auf Verordnungsstufe zu verzichten. AMAS, SBVg und SVV begrüssen den Entscheid.

Kernelement der Selbstregulierung ist die Festsetzung einer Nachhaltigkeitsdefinition. Diese nennt die Voraussetzungen, die Anlageprodukte und Dienstleistungen erfüllen müssen, damit sie als nachhaltig bezeichnet werden dürfen. Ergänzt werden sie mit branchenspezifischen Anpassungen. Die vom SVV verabschiedete Selbstregulierung setzt einen einheitlichen Mindeststandard für anteilgebundene Lebensversicherungen mit Nachhaltigkeitsbezug. Diese trat am 1. Januar 2025 in Kraft. Versicherer, die über 95 Prozent des Prämienvolumens der gebuchten Bruttoprämien für anteilgebundene Lebensversicherungen auf sich vereinen, haben sich bereits der Selbstregulierung unterstellt.  

Transparente Verträge

2021 hat der SVV elf Grundsätze zur Gestaltung von Verträgen zwischen den Leistungserbringern und den Krankenzusatzversicherungen erarbeitet. Deren Umsetzung garantiert den Versicherten eine transparente und nachvollziehbare Abrechnung der über die Zusatzversicherung erbrachten Leistungen.

Rund 1700 Verträge zwischen Versicherern und Leistungserbringern sind aus diesem Grund zu überarbeiten. Bis Ende 2024 entsprachen davon 73 Prozent den neuen Mindeststandards des Branchenframeworks. Um bei sämtlichen Verträgen den aufsichtsrechtlichen Anforderungen der FINMA gerecht zu werden, ist auch 2025 eine Fortführung der Verhandlungen zwischen Versicherern und Leistungserbringern notwendig. Ebenso sind aber auch Massnahmen unumgänglich, die im Extremfall bis hin zu Leistungsablehnungen führen können. Oberstes Ziel der Versicherer bleibt es jedoch auch weiterhin, negative Auswirkungen auf die Versicherten zu vermeiden und den versicherten Leistungsumfang stets zu gewährleisten.

Rund 73 Prozent der insgesamt 1700 Verträge entsprechen den Anforderungen des Branchenframeworks.

Auf den 1. Januar 2025 vertritt prio.Swiss die Belange der Grundversicherung. Als Verband der Zusatzversicherer ist für den SVV die Zusammenarbeit mit dem neu gegründeten Verband prio.Swiss wichtig. Die beiden Verbände sind gut in die gemeinsame Zusammenarbeit gestartet.

Aufsicht über die Vermittler

Die Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) bedeutet neue Regelungen für die Vermittlerinnen und Vermittler. Mit der Revision strebte das Parlament nach einer stärkeren Regulierung. Anfang 2024 trat das revidierte VAG in Kraft. Es schreibt etwa die Informationspflichten der Vermittler und die Offenlegung der Entschädigungen für ungebundene Vermittler vor. Mit den neuen Anforderungen müssen die Vermittler die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse nachweisen, die für ihre Tätigkeit erforderlich sind. Hierzu hat die Branche Mindeststandards erarbeitet, welche die FINMA als Selbstregulierung anerkennt. Am 1. Oktober 2024 trat das Regelwerk in Kraft. Weitergehende Ideen des Parlaments bezüglich Regulierung des Vertriebs erwiesen sich als nicht praktikabel. Auch dank des Engagements des Berufsbildungsverbands VBV und des SVV konnten sie abgewendet werden.

Dennoch zeigen sich auch in der Umsetzung weitere Schwierigkeiten für die Vermittlerinnen und Vermittler. So besteht weiterhin Klärungsbedarf bezüglich der Granularität der Kontrollen bei gebundenen Vermittlern sowie bezüglich der Abklärungspflicht der Versicherungsunternehmen bei ungebundenen Vermittlern. Weiter fehlt eine Differenzierung zwischen professionellen und privaten Kunden. Dies ist für die Rückversicherer relevant, weil ihr Geschäft mit Erstversicherern, also professionellen Kunden, stattfindet. Die aktuelle Regelung benachteiligt Schweizer Rückversicherer gegenüber solchen aus dem Ausland. Die Korrektur im VAG wurde mittels Motion von Ständerat Thierry Burkart beantragt.