Pflicht­ver­si­che­rung: nur nach ob­jek­ti­vier­ter Be­wer­tung

PositionenArchive26. Oktober 2017

Ein wichtiges Beispiel einer Pflichtversicherung ist die Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Es gibt daneben jedoch noch eine grosse Anzahl weiterer Pflichtversicherungen. Eine einheitliche Bedarfsananlyse gibt es nicht. Unterschiedliche kantonale Versicherungsanforderungen schaffen keinen Mehrwert für die Allgemeinheit, machen aber das Angebot von Versicherungsprodukten für Konsumenten teuer und die Verwaltung für die Versicherer aufwändig.

Bei Pflichtversicherungen herrscht heute ein Wildwuchs

Die heutige Situation bei den Pflichtversicherungen ist unbefriedigend. Zum einen sind kantonale Unterschiede grundsätzlich nicht sinnvoll, denn Gefahren machen vor Kantonsgrenzen nicht halt. Der SVV setzt sich deshalb dafür ein, dass es Pflichtversicherungen im Haftpflichtbereich ausschliesslich auf Bundesebene gibt.

Viele Pflichtversicherungen wurden aus emotionalen Gründen eingeführt

Oft werden Haftpflichtversicherungen als Präventionsmassnahme eingesetzt, weil ein Einzelereignis die Öffentlichkeit aufwühlte. Wird zum Beispiel ein Kind von einem Hund schwer verletzt oder gar getötet, verlangt die Öffentlichkeit schnell eine Hundehalterhaftpflichtversicherung. Man hofft damit nicht nur das Opfer zu schützen, sondern auch gleich das Schadenereignis an sich zu verhindern. Eine Versicherung kann aber keine Schäden verhüten. Die Forderung nach einer Pflichtversicherung muss sich an echten wirtschaftlichen Bedürfnissen im Schadenfall ausrichten und darf nicht emotional geleitet sein.

Ein Rahmengesetz ist nicht zielführend

2014 verlangte eine Motion die Einführung eines Rahmengesetzes für Pflichtversicherungen auf Bundesebene. Der SVV lehnt ein Rahmengesetz ab, wie es die Motion fordert, weil es mit der Vorgabe einer einheitlichen und obligatorischen Versicherung für alle privaten Tätigkeiten weit über das Ziel hinaus schiessen würde und nicht risikobasiert wäre. Der Schweizerische Versicherungsverband SVV begrüsst aber Pflichtversicherungen im Haftpflichtbereich, wo diese sinnvoll sind. Zur Klärung der Bedürfnisfrage hat der SVV ein Bewertungsraster für Risiken entwickelt. Mit diesem Werkzeug können neue Pflichtversicherungen nach einheitlichen Grundsätzen eingeführt werden.

Die Vision:

  • Pflichtversicherungen gibt es dann, wenn sie sinnvoll sind.
  • Sie sind nach einheitlichen Grundsätzen und ausschliesslich bundesrechtlich geregelt.
  • Der SVV wirkt im Gesetzgebungsverfahren mit.

Der SVV hat ein Bewertungsraster entwickelt

Der SVV hat ein Bewertungsraster entwickelt, mit dem sich evaluieren lässt, ob eine Pflichtversicherung sinnvoll ist. Das Bewertungsraster dient der Analyse und Gewichtung von Risiken. Es orientiert sich an verschiedenen Kriterien, u.a. an der Wählbarkeit der Risikoexposition, der Anzahl potenziell Geschädigter und dem Schadenpotenzial. Das Raster ermöglicht dem Gesetzgeber, jene Kriterien einzustufen, die eine Pflichtversicherung rechtfertigen könnten. Ab einem bestimmten Minimalwert kann ein Risiko pflichtversicherungswürdig sein.

Instrumentenkatalog

Der Instrumentenkatalog unterstützt den Gesetzgeber bei der Ausgestaltungstiefe der Pflichtversicherungen. Je nach Risikohöhe kann die reine Pflicht reichen, eine Versicherung abzuschliessen. In der Regel ist primär das Festlegen von Mindestversicherungssummen gerechtfertigt, bei höheren Risiken kann unter Umständen ein direktes Forderungsrecht des Geschädigten gegen den Versicherer dazu kommen – und bei besonders hohen Risiken lässt sich allenfalls ein direktes Forderungsrecht mit weiteren Vorgaben rechtfertigen.

Das Konzept ermöglicht dem Gesetzgeber, jedes Risiko objektiv zu beurteilen und es angemessen in der Risikoeskalation einzustufen. Diese schafft mehr Transparenz und Rechtssicherheit für die Kundinnen und Kunden.