Die diesjährige Fachtagung des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV zum Thema Versicherungsmissbrauch fand am 15. November in Basel statt. Rund 120 Teilnehmende aus den Mitgliedsgesellschaften des SVV sowie weitere Personen aus anderen Kreisen der Wirtschaft, nutzten die Tagung für einen umfassenden fachlichen Austausch.
Das Thema Versicherungsmissbrauch wird europaweit immer mehr zu einem Hauptproblem von Versicherungen. Deshalb ist es wichtig, dass sich Branchenvertreter und -vertreterinnen in einem offenen Austausch über neue Problemfelder informieren und im Sinne eines Best-Practice-Ansatzes voneinander lernen können. Meist sind die qualifizierten Ressourcen begrenzt und sinnvolle, digitale Hilfsmittel sehr willkommen.
Wirtschaftskriminalität: Trends, Corona und digitale Phänomene
Mit Tanja Fuchs wurde die Fachtagung eingeleitet. Sie ist seit mehr als 10 Jahren in der Strafverfolgung für Erwachsene im Kanton Zürich tätig, war Staatsanwältin und hat nun die Funktion der «Chefin Ermittlungsabteilung Wirtschaftskriminalität» inne. Mit was für Verfahren die Polizei tagtäglich konfrontiert ist und welche speziellen Herausforderungen sich der Ermittlungsabteilung Wirtschaftskriminalität während und infolge der Pandemie bis heute stellen musste, erläuterte sie zu Beginn der Fachtagung.
Gespanntes Zuhören: das Thema Versicherungsmissbrauch wird europaweit immer mehr zu einem Hauptproblem von Versicherungen.
Wenn Daten zu Geiseln werden
Der Betrugsermittler Gianni Di Meo befasst sich mit seiner Gruppe seit Jahren mit Ermittlungen aller Art in den Bereichen Personenschäden, Transportfälle und Ermittlungen im Bereich «Claims International». So machte er anschaulich deutlich, wie der Umgang mit Cyberrisiken, ein Geschäftsfeld, das in letzter Zeit massiven Zulauf erhalten hat, auch die Versicherungsindustrie in Atem hält und auch weiterhin beschäftigen wird. Wie sich die Ermittlungen in einem konkreten Fall von «Ransomware attack» gestalten und welche Hürden zu meistern sind, wurde anhand eines Fallbeispiels geschildert.
Prix Sherlock Holmes und Blick über den Tellerrand
Wie kann man Mitarbeitenden in allen Bereichen am besten helfen, Versicherungsmissbrauch frühzeitig zu erkennen? Riccardo Ranzi, Marcel Haus und Christoph Banderet zeigten auf, wie die Helsana ihre Mitarbeitenden sensibilisiert und motiviert, den Betrug «zu riechen», mutig zu werden, einem anfänglichen Verdacht nachzugehen und diesen für weitere Abklärungen weiterzuleiten. Die Gesellschaft hat dazu den «Prix Sherlock Holmes» geschaffen. Anhang eines Praxisbeispiels wird das Vorgehen erläutert.
Im Anschluss fand unter der Leitung von Wolfgang Schuster (Iskander Business AG) eine intensive Podiumsdiskussion statt, in welcher die unterschiedlichen Ansätze der verschiedenen Unternehmen zu diesem Thema ausgetauscht wurden.
Angeregte Diskussion auf dem Podium: Paul Kühne, Marcel Haus, Wolfgang Schuster, Christophe Banderet und Franziska Ravy (v.l.n.r.)
HIS: Schadenfälle identifizieren, die besonders prüfenswert sind
Vor zwei Jahren wurde das Hinweis- und Informationssystem HIS in der Schweiz eingeführt. Ziel dieser Software ist es, missbräuchliche Leistungsansprüche zulasten der Versichertengemeinschaft zu verhindern. Jochen Teichert und Jörg Gilbert gaben einen Rückblick über die bisherigen Erfahrungen mit derSoftware.
Betrugsbekämpfung bei Versicherungen: Was bieten führende Wirtschaftsauskunfteien?
Mit Christian Maron konnte ein Referent gewonnen werden, der sich seit 20 Jahren mit maschinellem Lernen und Data Mining auseinandersetzt. Schon heute tun Versicherungen viel, um Betrug zu erkennen und zu vermeiden. Herr Maron erläuterte in eindrücklicher Weise exemplarisch die Verwendung externer Daten, um sowohl im Antrags- als auch im Schadensabwicklungsprozess schnell zu erkennen, wie hoch das Risiko eines Betrugs ist und ob es sich lohnt, diesem nachzugehen. Damit können Prozesse beschleunigt und Entscheidungen geschärft werden.
