Al­ters­vor­sor­ge 2020 – Ei­ne not­wen­di­ge Re­form für die Schweiz

KontextArchive22. November 2017

Ivo Furrer, CEO Markt Schweiz Swiss Life, Mitglied des Vorstands SVV

Ivo Furrer
CEO Markt Schweiz Swiss Life, Mitglied des Vorstands SVV
Medienkonferenz, 3. Februar 2016
Hotel Marriott, Zürich

Es gilt das gesprochene Wort.
 

Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Medienschaffende

Ich begrüsse Sie meinerseits zur heutigen Medienkonferenz und freue mich, mit Ihnen einige Gedanken aus Sicht der Privatversicherer zum Stand der Altersvorsorgereform zu teilen.
Was die Bedeutung dieser Reform für unser Land, für unsere soziale Sicherheit und für uns alle als aktive Beitragszahler bzw. künftige Bezüger von Rentenleistungen angeht, bin ich vollkommen einverstanden mit unserem Bundespräsidenten. Dieser hat die Reform in seiner Neujahrsrede als eines, wenn nicht sogar das zentrale politische Zukunftsprojekt für 2016 hervorgehoben. Nicht ganz einverstanden bin ich mit jenem Kollegen aus Ihrer Zunft, der vor kurzem in einem Kommentar zur Reform schrieb, ich zitiere: «Die Altersvorsorge ist ähnlich wie der Klimawandel ein Lehrbuchbeispiel für Politikversagen.» Wir, die Assekuranz, sehen den bisherigen Fortschritt der Reform in einem anderen Licht.

Bei aller Komplexität anerkennen wir den aufrichtigen Willen der Bundesregierung, aber auch der Mehrheit des Parlaments, diese Reform ins Ziel zu führen. Dabei stehen wir zur Aussage, dass die Gesamtschau, die dem Vorhaben zugrunde liegt, nach wie vor stimmt. So sind wir auch mit der Mehrzahl der im vergangenen Herbst im Ständerat gefällten Entscheide zur Beruflichen Vorsorge einverstanden. Für die nächste Etappe, namentlich der Behandlung der Vorlage im Nationalrat und dessen vorberatender Kommission, muss die Reform weiter konsequent auf die zentrale Zielsetzung «Sicherung der Altersvorsorge unter Beibehaltung des Leistungsniveaus» ausgerichtet werden.

Sicherheit und Wahlfreiheit für unsere Kundinnen und Kunden

Von besonderer Bedeutung für uns – die im Kollektivlebengeschäft tätigen Schweizer Privatversicherer – sind die zur Diskussion stehenden Vorschläge zur 2. Säule: Hier stehen wir gegenüber unseren Kunden, den Schweizer KMU und deren versicherten Angestellten, in der Pflicht. Wir setzen uns für annehmbare Rahmenbedingungen ein, die eine Fortführung des stärker denn je nachgefragten Vollversicherungsmodells sowie der Risikoversicherung auch in Zukunft ermöglichen. Dabei geht es für uns um nicht weniger als darum, unseren Kundinnen und Kunden auch in den kommenden Dekaden die bestehende Sicherheit und Wahlfreiheit in der 2. Säule zu garantieren. Es sind die über 160’000 Schweizer Unternehmerinnen und Unternehmer und deren über 1 Million versicherten Mitarbeitenden in der Vollversicherung und die über 50’000 KMU mit rund 600’000 Mitarbeitenden in der Risikoversicherung, die uns dieses Mandat geben. Wir nehmen dieses Mandat ernst und bringen uns aktiv in die politische Debatte ein – gerade vor zwei Wochen so geschehen anlässlich der Anhörungen in der SGK des Nationalrats.

Übergeordnet sehen wir die Gesamtbetrachtung der 1. und 2. Säule, jedoch mit einer klaren Trennung bzw. Gewichtung von AHV und BVG, als zentrale Bedingung für das Gelingen der Reform an. Nur so erreichen wir die letztlich von allen Beteiligten zu Recht geforderte, unabdingbare Stabilisierung des Systems. Damit dies gelingt, braucht es ausgewogene und mehrheitsfähige Vorschläge. Dazu gehört auch der bewusste Verzicht auf rechnerisch zwar korrekte, aber letztlich nicht zielführende Maximalforderungen – wie beispielsweise eine an sich notwendige weitere Senkung des Mindestumwandlungssatzes. Auf solche haben wir, die Schweizer Privatversicherer, im Interesse der Gesamtreform von Beginn weg bewusst verzichtet. Fehl am Platz sind Kompromisse aber dort, wo die Generationenfairness zwischen den aktiven Berufstätigen und den Rentnern und damit langfristig das gesamte Vorsorgesystem auf dem Spiel steht. Für uns ist klar: Die bestehende, systemfremde und letztlich ungewünschte Umverteilung – speziell in der 2. Säule – muss mit Vehemenz eingedämmt werden. Ansonsten könnte sich das rächen – spätestens beim zu erwartenden Urnengang. Ebenso rächen würden sich unnötige, wirtschafts- und versichertenfeindliche Eingriffe ins funktionierende, sichere und von unseren Kunden präferierte System der Kollektivlebensversicherung, auf die ich gleich zu sprechen komme.

Bitte haben Sie Verständnis, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich hier nun etwas technisch werden muss – es führt leider kein Weg daran vorbei. Im Detail sind es die folgenden Positionen, für die wir auch in der nächsten politischen Etappe einstehen und die uns direkt betreffen:

Positiv gegenüber stehen wir

  • - dem Rücktrittsalter 65 für Frauen und Männer inkl. dessen Flexibilisierung,
  • - der Umwandlungssatzsenkung auf 6 Prozent inkl. Ausgleichsmassnahmen und Einführung des Rentenumwandlungsgarantiebeitrags,
  • - und dem Verzicht auf die Erhöhung der Mindestquote: Der Ständerat hat die Weichen hier im Interesse der über 160ֹ’000 Schweizer KMU und deren über eine Million Arbeitnehmern in der Vollversicherung gestellt. Sie alle geniessen mit der bestehenden Mindestquote die besseren Ertragsaussichten für ihr Pensionskapital, weil wir als Anbieter und Garantiegeber in unserer Anlagepolitik nicht zusätzlich eingeschränkt werden.

Nun enthält die Botschaft zur Reform aber auch diverse Vorschläge, die nicht zur Sicherung der Altersvorsorge unter Beibehaltung des Leistungsniveaus beitragen oder die Reform gar gefährden. Der Ständerat hat einige davon bereits abgelehnt, zum Beispiel Anpassungen bei den Hinterlassenenleistungen oder bei den Beiträgen der Selbständigerwerbenden. Der SVV setzt sich weiterhin dafür ein, unnötige, kostentreibende, systemgefährdende und destabilisierende Einschränkungen betreffend die Kollektivlebensversicherung abzuwenden.

Dazu gehören im Wesentlichen:

  • - Die Begrenzung der Risikoprämien auf 200 Prozent des erwarteten Schadens: Eine solche ist überflüssig, da A) der Wettbewerb naturgegeben keine überhöhten Risikoprämien zulässt, da B) die Finma bereits heute die Risikoprämien bezüglich Solvenz der Versicherer und Missbrauch gegenüber den Versicherten überprüft und genehmigt, und da C) «nicht gebrauchte» Prämien per se in Form von Überschüssen an die Versicherten zurückfliessen.
  • - Ebenso unnötig ist es, den Schwankungsausgleich betreffend Spar-, Risiko- und Kostenprozess zu verunmöglichen. Dieser Eingriff in die Führung der Betriebsrechnung hätte in erster Linie Prämienerhöhungen für alle versicherten KMU zur Folge, da die Spar-, Risiko- und Kostenprämien vorsichtiger angesetzt werden müssten, damit das Ergebnis in jedem Prozess stets positiv ausfällt. Dies kann für die Versicherten ebenso wenig von Interesse sein wie die Tatsache, dass dadurch die Bildung von Rückstellungen behindert würde.
  • - Nicht weniger schädlich wäre eine künftige Festlegung der Risikobeiträge nach kollektiven Grundsätzen: Damit wäre die Festlegung der Risikobeiträge nach dem Risikoprofil eines Unternehmens nicht mehr möglich. KMU mit tieferen Risiken würden die höheren Risiken anderer KMU finanziell mittragen, was einer heiklen Verzerrung des Systems und einer ungewollten Solidarität unter den angeschlossenen KMU gleichkommt.

Kurz: Letztere Vorschläge stellen nicht nur eine völlig unnötige Regulierung dar, sondern gefährden die Wahlfreiheit und die Rentensicherheit für die Schweizer KMU und deren Mitarbeitende. Die aktuell gültigen Regelungen haben sich bewährt und sind deshalb beizubehalten. Sie erlauben es uns, den Anbietern, unsere ureigene Aufgabe weiterhin verlässlich zu erfüllen: Den Risikoausgleich und das Funktionieren der Solidaritätsgemeinschaft sicherzustellen.

Ich danke Ihnen, geschätzte Damen und Herren, für die Aufmerksamkeit – ich weiss, es war zeitweise keine leichte Kost. Umso mehr freut es mich, wenn ich mich mit dem einen oder der anderen unter Ihnen im Anschluss zum Thema vertieft austauschen kann.