3 An­ek­do­ten aus 125 Jah­renSVV

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Seit 125 Jahren vertritt der SVV die Interessen der Privatassekuranz. Von der entschlossenen Abwehr staatlicher Eingriffe in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts über den Auftritt der Branche an der Expo 1964 bis hin zum Aufbau der Verbandsstrukturen hat der SVV die Versicherungswirtschaft durch bewegte Zeiten begleitet. Dabei sind viele bemerkenswerte Geschichten entstanden. Die folgenden drei Anekdoten aus dem Archiv geben Einblick in die Verbandsgeschichte.

Am 24. Mai 1951 diskutierte der Vorstand des Verbands concessionierter Schweizerischer Versicherungsgesellschaften (damalige Bezeichnung des SVV) über die zunehmenden Verstaatlichungstendenzen innerhalb des Versicherungsgeschäfts im nahen Ausland. Dabei kamen auch zwei Entwicklungen im eigenen Land zur Sprache. Einerseits wurden die versammelten Herren darüber informiert, dass die Einrichtung einer kantonalen Gebäudeversicherung im Kanton Obwalden erfolgreich verhindert werden konnte. Andererseits wurden sie in Kenntnis darüber gesetzt, dass die Landsgemeinde des Kantons Glarus eine Erweiterung der Kompetenzen der hiesigen kantonalen Gebäudeversicherung gutgeheissen hatte. Diese umfassten fortan auch die Versicherung industrieller Risiken.

Nun fürchtete der Vorstand, dass die kantonale Gebäudeversicherung in Glarus mit tiefen Prämien die «guten» Risiken abgreifen und die «schlechten» Risiken der Privatassekuranz überlassen würde. Hauptverantwortlich für diese Schlappe wurden einige Glarner Industrielle gemacht, die sich im Vorfeld der Landsgemeinde für die Kompetenzerweiterung ausgesprochen hatten. Der ebenfalls involvierten Wirtschaftsförderung wurde hingegen keine Schuld zugewiesen. 

Wie es sich in den darauffolgenden Wochen zeigen sollte, sah die Schweizerische Feuerversicherungsvereinigung das jedoch deutlich anders. Sie warf der Wirtschaftsförderung vor, eine effektive Abwehraktion geradezu verhindert zu haben. So habe ein nicht näher genannter Glarner Grossindustrieller aktiv Einfluss auf die Wirtschaftsförderung genommen, damit diese den Abwehrkampf nicht unterstütze. In der Folge empfahl die Feuerversicherungsvereinigung ihren Mitgliedgesellschaften, ihre Beiträge an die Wirtschaftsförderung sofort zu sistieren und sämtliche Beziehungen zu dieser abzubrechen. In den folgenden Monaten setzte sich der VCSV, als Mitbegründer der Wirtschaftsförderung aktiv für eine Aussprache zwischen beiden Parteien ein und trug so massgeblich zur Normalisierung der Beziehung zwischen den beiden Parteien bei.

Wie der diesjährige Felssturz in Blatten zeigt, ist die Privatassekuranz auch knapp 75 Jahre später weiterhin in der Lage, Versicherungsschutz für alle Gebiete der Schweiz zu gewährleisten. Das System der Elementarschadenversicherung mit privaten Anbietern in den GUSTAVO-Kantonen und kantonalen Gebäudeversicherungen im Rest der Schweiz hat sich bewährt und funktioniert weiterhin. 

Ausstellungsgeslände Expo 64

Ausstellungsgelände Expo 1964. Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv  Com_BC25-004-005

«Expo» 1964

25 Jahre nach der «Landi» in Zürich war 1964 Lausanne Gastgeberin der fünften Schweizerischen Landesausstellung. Attraktionen, wie die Monorail-Bahn durch das Festgelände und die Tauchfahrt des Unterseeboots Mesoscaphe im Genfersee lockten über 10 Millionen Besucherinnen und Besucher an die «EXPO». Der Vorstand des Verbands Schweizerischer Versicherungen hatte bereits im Juni 1960 beschlossen, die Vertretung der Branche an der EXPO zu übernehmen.

Auf dem Gelände der EXPO teilten sich die Versicherer den Sektor «Les Échanges / Waren und Werte» mit den Banken. Für die Konzeption des Auftritts der Versicherungsbranche unter dem zugewiesenen Thema «Risiko» konnte der Schweizer Werbepionier Victor N. Cohen gewonnen werden.

Segelpavilon Expo 1964

Segelpavillon Expo 1964. Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv  Com_BC25-004-018

Der Segel-Pavillon des Sektors «Les Échanges / Waren und Werte» erfreute sich während der EXPO grosser Beliebtheit. Vor allem die von Rolf Liebermann komponierte und auf handelsüblichen Maschinen und Apparaten vollautomatisch gespielte «Symphonie Les Échanges» erwies sich als eines der grossen Highlights der EXPO und zog grosse Besuchermassen an. 

Mithilfe eines automatisierten Zahlenrads präsentierte der VSV den Besucherinnen und Besuchern, wie dank der Bildung von Risikogemeinschaften Risiken vorhersehbar gemacht und somit abgefedert werden können. In einem eigens für die EXPO eingerichteten Versicherungsbüro samt Belegschaft und Computeranlage konnten die Besucherinnen und Besucher personalisierte Versicherungsauskünfte einholen und bei Bedarf auch gleich eine Tagesversicherungspolice für 50 Rappen abschliessen. Bis zum Ende der Expo liessen sich insgesamt 131'469 Besucherinnen und Besucher persönlich beraten und schlossen 22'057 Policen ab.

Die EXPO 1964 hatte das Ziel, eine Vision der modernen Schweiz zu vermitteln. Während sich die Monorail-Bahn und das Unterseeboot als Transportmittel in der Schweiz nicht durchzusetzen vermochten, ist die Assekuranz heute, rund 60 Jahre später, untrennbar mit dem Bild der modernen Schweiz verbunden.

Eine Aufnahme von Liebermanns Interpretation von Techno-Musik

Die Gründung eines Verbandssekretariats – eine 40-jährige Odyssey

Als am 12. Juni 1925 die Basler Transport-Versicherungs-Gesellschaft dem Vorstand des Verbands concessionierter Schweizerischer Versicherungen erstmals die Einrichtung eines ständigen Verbandssekretariats vorgeschlagen hatte, ahnte wohl noch niemand, dass gerade eine über 40 Jahre andauernde verbandsinterne Debatte angestossen worden war. Damals waren sich die Vorstandsmitglieder noch mehrheitlich einig: Die Arbeitslast des Verbandes würde wohl kaum ein eigenes Sekretariat rechtfertigen, während die damit verbundenen Kosten die Verbandskasse zu stark belasten würden.

Für die nächsten elf Jahre verschwand das Thema wieder etwas, bis es am 15. September 1936 erneut vom Vorstand aufgegriffen wurde. Zunehmende Angriffe auf die Versicherungsgesellschaften und Verstaatlichungsbestreben im nahen Ausland setzten die Branche zunehmend unter Druck. Die Einrichtung eines Sekretariats zur Abwehr solcher Angriffe wurde jedoch erneut verworfen. So sei es einem Verbandssekretär unmöglich: «in allen Spezialfragen der Gesetzgebung und der Verwaltung in der Praxis orientiert» zu sein.

Ein erster Schritt zu einer stärkeren Institutionalisierung folgte im Oktober 1945 als mit der Propagandakommission ein weiteres Organ des Verbandes geschaffen wurde. Die aus Mitarbeitenden der Mitgliedsgesellschaften bestellte Propagandakommission war mit der Bewerbung der Branche und der Abwehr medialer Angriffe betraut.

Im Jahr 1961 ging aus der Propagandakommission die sogenannte «Informationsstelle des Verbandes Schweizerischer Versicherungsgesellschaften» (später Versicherungs-Information) hervor. Der anfängliche Ein-Mann-Betrieb in Bern wurde über die kommenden Jahre immer weiter ausgebaut und eröffnete 1974 ein weiteres Büro in Lausanne.

Im Februar 1966 beschloss der Vorstand ein Auslandssekretariat einzurichten, das die international tätigen Mitgliedsgesellschaften in rechtlichen Fragen beraten sollte. Das Problem war nur, dass beide Wunschkandidaten absagten und es so noch einmal fast zwei Jahre dauerte, bis das Auslandssekretariat am 1. Januar 1968 endlich seinen Betrieb aufnahm. Über die kommenden Jahre wurde das Auslandssekretariat aber zunehmend auch mit nationalen Aufgaben betraut und so folgte bereits 1973 die Umbenennung zu Verbandssekretariat. Von 1968 bis 1997 leitete Peter Gmeiner als Erster Sekretär zuerst das Auslandssekretariat und danach das Verbandssekretariat.

Mit der Integration der sechs Branchenverbände in den SVV im Jahre 1997 wurden auch die Büros der Versicherungsinformation in Bern und Lausanne aufgelöst und zusammen mit den Sekretariaten der ehemaligen Branchenverbände in das neue Verbandssekretariat in Zürich zusammengelegt. 

Heute umfasst die Geschäftsstelle rund 40 Mitarbeitende an den Standorten Zürich, Bern und Lausanne, die insgesamt sieben Ausschüsse und 27 Kommissionen mit über 700 Milizmitgliedern betreuen.