Re­form der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge: Zwin­gend und drin­gend

Positionen21. Dezember 2023

Das Parlament hat in der Frühjahrssession 2023 die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) verabschiedet. Diese stellt einen ausgewogenen und kostenverträglichen Kompromiss dar, der einen wichtigen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Altersvorsorge leistet. Gegen die Reform ist das Referendum zustandegekommen. Die Volksabstimmung findet im Herbst oder Winter 2024 statt.

Der SVV unterstützt die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG).

Wir wägen ab:

Das schweizerische Dreisäulensystem der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge ist ein bewährtes System, das durch eine ausgewogene Aufteilung zwischen staatlich, betrieblich und individuell getriebenen Vorsorgeelementen der Bevölkerung im Pensionsalter ein angemessenes Lebensniveau sichert. Die Lasten und Risiken werden auf die staatliche Vorsorge (AHV), die berufliche Vorsorge (BVG, Überobligatorium) und die private Vorsorge (Selbstvorsorge) verteilt. Staat, Arbeitgeber sowie Bürgerinnen und Bürger teilen sich so partnerschaftlich die Aufgaben, was zur Stärke, Resilienz und Stabilität des Systems beiträgt.

BVG-Reform

Die schweizerische Altersvorsorge muss aber mit der Zeit gehen und an die gesellschaftlichen sowie wirtschaftlichen Bedürfnissen anpasst werden. Die BVG-Reform leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des bewährten Dreisäulensystem. Davon profitieren alle Generationen, von den Jungen, Menschen mittleren Alters und bis zu den heutigen Rentnerinnen und Rentner.

Die vom schweizerischen Parlament beschlossene BVG-Revision passt das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge aus dem Jahr 1982 an. Es geht dabei um zwei Kernanliegen: Einerseits soll die ungerechte Querfinanzierung von Renten durch die Erwerbstätigen gestoppt werden, andererseits sollen Rentenlücken für Frauen und Teilzeiterwerbstätige in der beruflichen Vorsorge geschlossen werden.

Auslöser für die zwingend und dringende BVG-Reform sind primär die gestiegene Lebenserwartung und die tieferen Zinsen bzw. Anlagerenditen. Angesichts dessen erweist sich der BVG-Umwandlungssatz von 6,8 Prozent als viel zu hoch. Die dadurch verursachten Probleme können weder durch die Inflation noch durch die allgemeine konjunkturelle Entwicklung gelöst werden.

Die Finanzierung wird gesichert

Vorsorgeeinrichtungen, die über das Obligatorium hinausgehende Leistungen vorsehen, haben längst auf die gestiegene Lebenserwartung und die tieferen Zinsen bzw. Anlagerenditen reagiert und den Umwandlungssatz auf ein Niveau von durchschnittlich rund 5,3 Prozent gesenkt. BVG-minimale und -nahe Vorsorgeeinrichtungen – d.h. rund ein Sechstel aller Vorsorgeeinrichtungen mit rund einem Sechstel aller Versicherten - haben diese Möglichkeit nicht und sind auf eine Reduktion des BVG-Umwandlungssatzes angewiesen. Dieser wird in der BVG-Reform im Sinne des politisch und finanziell Machbaren auf 6,0 Prozent gesenkt. Die ungewollte, intergenerationelle Umverteilung wird dadurch reduziert und die Vorsorge finanziell stabilisiert.

Das Leistungsniveau wird erhalten

Um das Niveau der Altersleistungen zu erhalten, wird bei einem tieferen Umwandlungssatz ein höheres Altersguthaben benötigt. Die Kompensation der Umwandlungssatzsenkung erfolgt deshalb durch eine Verstärkung des Sparprozesses. Diese wird durch die Reduktion des Koordinationsabzugs und die Anpassung der Altersgutschriften erreicht. Da es für diejenigen Personen, die in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden, nicht mehr möglich ist, zusätzliches Altersguthaben im erforderlichen Umfang anzusparen, ist eine Massnahme für die sog. «Übergangsgeneration» erforderlich. Die Massnahme besteht darin, den bei Inkrafttreten der Reform über 50-jährigen Erwerbstätigen mit einem Altersguthaben bei Pensionierung von bis zu 441'000 Franken einen Rentenzuschlag zu gewähren. Zu diesem Zweck wird das Altersguthaben der betreffenden Personen im Zeitpunkt ihrer Pensionierung durch eine Einmaleinlage verstärkt.

Das Leistungsniveau wird gezielt verbessert

Die erwähnte Verstärkung des Sparprozesses wird konkret dadurch realisiert, dass der Koordinationsabzug von bisher 25'725 Franken auf neu 20 Prozent des AHV-Lohnes reduziert wird, und die Altersgutschriftensätze gemäss BVG von 7/10/15/18 Prozent des bisherigen koordinierten Lohnes auf 9/9/14/14 Prozent des neuen koordinierten Lohnes angepasst werden. Der Übergang vom Einkommensunabhängigen zum prozentualen Koordinationsabzug führt dazu, dass der versicherte Lohn bei tieferen Einkommen stärker steigt als bei höheren. Der Sparprozess wird dabei für tiefere Einkommen so weit verstärkt, dass die BVG-Altersleistungen trotz reduziertem BVG-Umwandlungssatz gegenüber bisher deutlich steigen. Bei höheren Einkommen wird der Sparprozess demgegenüber weniger oder gar nicht verstärkt. Dies ist auf die flachere Staffelung der Altersgutschriften zurückzuführen, mit der sich – wie von der Reform ebenfalls angestrebt - die Chancen der älteren Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

Schliesslich ist auf die Reduktion der Eintrittsschwelle – Einkommen, ab welchem die Versicherung im BVG obligatorisch ist – hinzuweisen. Diese wird von heute 22'050 Franken auf neu 19'845 Franken gesenkt. Damit sind auch Personen (und Pensen von Mehrfachbeschäftigten), die bisher nicht obligatorisch versichert waren, neu obligatorisch versichert. Davon profitieren vor allem Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte, also insbesondere Frauen.