«Die Ver­si­che­rungs­bran­che wird auch in Zu­kunft ein at­trak­ti­ver Ar­beit­ge­ber sein»

InterviewArchive03. September 2018

Die Versicherungsbranche befindet sich im Umbruch. Ein sich veränderndes Kundenverhalten und damit neue Bedürfnisse prägen die Aktivitäten der Gesellschaften. Die Digitalisierungswelle hat die Branche voll im Griff. Wandel kann man natürlich immer als Risiko beurteilen, ihn aber auch als Chance sehen. Denn die Mitarbeiterzahlen sind stabil und die Unternehmensgewinne auf sehr gutem Niveau.

Herr Walliser, die Personalstatistik der Versicherungsbranche zeigt seit mehreren Jahren verhältnismässig stabile Zahlen an. Was erwarten Sie, wenn Sie in die Zukunft blicken?

Ich bin überzeugt, dass die Versicherungsbranche in der Schweiz auch in der Zukunft ein verlässlicher Partner und damit auch ein äusserst attraktiver Arbeitgeber sein wird. Die digitale Transformation wird zwangsläufig Anpassungen auf die Geschäftsmodelle und Berufe von Versicherungen haben, aber es werden sich neue und spannende Möglichkeiten ergeben. Die Aufgaben werden nicht weniger und eher anspruchsvoller. Ich bin absolut überzeugt, dass sich die schweizerische Assekuranz behaupten und die Chance packen wird, welche sich ihr durch die Digitalisierung bietet.

Ich bin heute schon fasziniert, wieviele unterschiedliche Berufe es unter dem Dach der Versicherungen gibt und wie vielseitig die Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten in der Industrie sind. Der Öffentlichkeit ist oft viel zu wenig bekannt, wie nah Versicherungen am Puls des Lebens sind. Hier müssen wir als Industrie unbedingt an unserer Positionierung als Arbeitgeber arbeiten und selbstbewusster auftreten.

Stephan Walliser, Baloise

Stephan Walliser, Leiter Human Resources Basler Versicherung Konzernbereich Schweiz und Mitglied der Arbeitsgruppe Arbeitgeberfragen SVV.

Wie beurteilen Sie die Attraktivität des Arbeitsplatzes Schweiz? Was müssen wir unternehmen, damit die Schweiz attraktiv bleibt bzw. attraktiver wird?

Wie eingangs erwähnt, bringt die Digitalisierung den Unternehmen viele Chancen. Als kleines Land mussten wir seit jeher innovativ und agil sein. Das zeichnet uns auch aus. Ich denke es würde uns allen aber gut anstehen, wenn wir in unserem Handeln noch mehr Mut hätten, Dinge auszuprobieren und auch mal Fehler machen zu dürfen. Wichtig dabei ist dann aber natürlich, daraus die entsprechenden Lehren zu ziehen. Aufpassen müssen wir dabei hauptsächlich, dass wir nicht zu viele Dinge regeln wollen. Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt schneller ändern, als Gesetzte das abbilden können. Wir dürfen die Mitarbeitenden nicht in ein zu enges Korsett zwängen und sie dadurch in ihrer Entwicklung einengen oder gar behindern. Das würde der Innovationsfähigkeit der Schweiz und ihrer Arbeitgeberattraktivität schaden.

Die Versicherer setzen sich für eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ein. Was haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Privatassekuranz davon?

Die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist aus meiner Erfahrung ein Grundbedürfnis der Mitarbeitenden in der heutigen Zeit. Selbstbestimmung heisst das Zauberwort und nicht Fremdbestimmung. «Moderne» Mitarbeitende möchten ihre Arbeit sowie Freizeit und Familie sinnvoll kombinieren können. Von veralteten Gesetzen aus dem Industriezeitalter fühlen sich eingeengt, diese sind wenig flexibel. Flexibilisierung möchte ich aber nicht verstanden wissen mit der Gleichsetzung von mehr arbeiten. Es geht vielmehr darum den Mitarbeitenden das Vertrauen und die Freiheit zu schenken, dass sie die Arbeit dann erledigen, wenn es betriebsbedingt Sinn macht und für sie am besten passt.